Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) stimmt die österreichische Bevölkerung im Interview auf "zwei harte Jahre" ein, angesichts der schwierigen Budgetlage: "Man kann kein Budget sanieren, ohne dass man es merkt." Verständnis äußert Marterbauer für die finanziellen Nöte der Gemeinden und verweist auf anstehende Gespräche zum inner-österreichischen Stabilitätspakt.
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NewsTranskript
00:00Finanzminister Markus Materbauer von der SPÖ bekennt sich zum Ziel der Regierung,
00:05die Budgetsanierung ohne EU-Verfahren durchzuführen. Er stimmt die
00:09Österreicherinnen und Österreicher allerdings angesichts der schwierigen
00:13Budgetlage auf zwei harte Jahre ein.
00:16Ich glaube, man darf sich keine Illusion machen, Budgetsanierung ist unangenehm und
00:21das wird auch in der breiteren Bevölkerung verzeichnet werden. Das ist
00:26nie so, dass man sozusagen Budget saniert, ohne dass irgendwer merkt. Das wäre eine
00:30völlige Illusion. Also das wird man merken. Wir haben jetzt zwei harte Jahre
00:34vor uns, aber wir machen das, um die Spielräume zu erreichen. Wir wollen ja
00:39langfristig das Pflegesystem gut finanzieren können. Wir brauchen ein
00:42Bildungssystem, das gut ist. Wir wollen Armut verhindern. Budgetsanierung ist der
00:48erste Schritt, um diese Spielräume zu eröffnen, so sehe ich sie für mich.
00:52Allzu tragisch fände Materbauer ein Defizitverfahren nicht. Das
00:55Konsolidierungsprogramm ist für den Finanzminister aus ökonomischen Gründen
00:59ohnehin alternativlos.
01:01Weil, wenn uns das nicht gelingt, jetzt die Budgetsanierung, dann bedeutet es, dass die
01:05Zinsausgaben im Staatshaushalt massiv ansteigen und ich gebe das Geld lieber
01:10für Bildung aus oder für Klimaschutz als für Zinszahlungen. Das ist die
01:13zentrale ökonomische Begründung. Das Defizitverfahren selber ändert jetzt
01:18nichts dramatisch an der politischen oder wirtschaftlichen Situation des Landes.
01:23Wir würden sozusagen einen stärkeren Austausch mit der Kommission kommen.
01:27Für mich steht eigentlich die ökonomische Begründung der Sanierung im
01:30Mittelpunkt und weniger jetzt der europäischen Vorgaben.
01:34Nicht festlegen will sich der Finanzminister weiterhin, ob man noch mehr als die
01:38vereinbarten gut 6,3 Milliarden Euro im heurigen Jahr einsparen sollte, wenn sich
01:43die Wirtschaftsprognosen wie erwartet weiter eintrüben.
01:46Ich glaube zunächst ist wichtig, dass wir die Budgetsanierung in dem Ausmaß, auf
01:50das sich die Regierung geeinigt hat, überhaupt durchbringen. Das wird die
01:53erste zentrale Herausforderung. Das ist ein Riesenpaket, 6,3 oder 6,4 Milliarden Euro.
01:59Also das ist ja die erste große Herausforderung, das zu schaffen.
02:03Das zweite ist, wir müssen sehr aufpassen, dass wir nicht in so einen Teufelskreis
02:09hineinkommen. Schlechtere Konjunktur bedeutet höheres Defizit, bedeutet noch
02:13mehr sparen, bedeutet wieder schlechtere Konjunktur. Denn allein das 6,3 Milliarden
02:17Paket dämpft ja die Wirtschaftsentwicklung doch markant. Das hat das WIFO in der
02:23Prognose im Dezember auch schon festgestellt. Und da in diesen Teufelskreis
02:26nicht hineinzukommen ist wichtig. Aber es bleibt das Ziel, das WTO-Verfahren zu
02:31vermeiden. Ob es dann möglich sein wird oder nicht, wird man sehen.
02:33Beitragen zur Budgetsanierung müssen auch die 15-prozentigen Einsparungen bei
02:38den Sachkosten in den Ministerien. Der Finanzminister bestätigt, dass es nicht
02:42unbedingt so sein muss, dass in allen Ressorts der gleiche Prozentsatz gilt.
02:47Zunächst ist es so, dass das Volumen feststeht, die 1,1 Milliarden. Und jetzt sind die
02:53einzelnen Ministerien dabei zu schauen, wie ihre Spielräume sind. Wir werden das
02:57gemeinsam besprechen, also das Finanzministerium mit den jeweiligen
03:02Ministerien. Und dann werden wir in der Regierung gemeinsam einen
03:06Verteilungsschlüssel festlegen. Und das muss jetzt nicht sozusagen in jeden
03:10einzelnen Ministerien genau die 15 Prozent sein. Da ist dann Spielraum ein
03:15bisschen abzuwägen. Aber insgesamt ist dieses Volumen sehr herausfordernd.
03:22Das ist ein politischer Verhandlungsprozess schlussendlich. Für mich sind die
03:261,1 Milliarden entscheidend. Verständnis äußert Martha Bauer für die
03:30finanziellen Nöte der Gemeinden und verweist auf anstehende Gespräche zum
03:34innerösterreichischen Stabilitätspakt. Ich weiß, dass die Finanzsituation der
03:39Gemeinden ganz, ganz schwierig ist, weil die Gemeinden ja jene Verwaltungsebene
03:45sind, erstens die ganz nah bei Bürgerinnen und Bürgern sind und zum
03:48Zweiten die zentrale Aufgaben haben im Klimaschutz. Ganz viel passiert dort auf
03:53der kommunalen Ebene und auch in der Klimaanpassung, also in der
03:57Vermeidung sozusagen der Betroffenheit der Bevölkerung von Starkregenereignissen
04:01oder sonstigen Extremwetterereignissen. Und zum Zweiten auch in der
04:06Elementarpädagogik, im Gesundheitsbereich vielfach. Also die Gemeinden sind
04:10wirklich unter Druck, das ist uns bewusst. Wir werden sehen, wie wir dem nachkommen können.
04:15Was die angepeilte Reform der Förderungen angeht, hält Martha Bauer
04:19nichts davon, mit dem Rasenmäher drüber zu gehen.
04:22Meine Priorität wäre, dass wirklich jede einzelne Förderung angeschaut wird.
04:28Welches Ziel hat sie? Erreicht sie dieses Ziel? Gibt es andere Mittel, mit denen man
04:34das gleiche Ziel erreichen könnte? Also Regulierungen oder was auch immer. Und
04:38das ist die Überprüfung der Effizienz der Förderungen. Und dann sagt man, okay
04:42diese Förderung, die erreicht ihre Ziele aber besonders gut, die sollte man
04:45vielleicht sogar erhöhen, weil es bringt uns näher an die Zielerreichung im
04:48Klimaschutz oder bei Sozialstandards oder bei Innovationen den Unternehmen
04:53heran. Und bei anderen Förderungen wird man feststellen, die haben eigentlich
04:56überhaupt keinen Effekt und dann wird man sie streichen. Und das wäre die
04:59grundlegende Förderreform. Und deshalb bin ich eigentlich sehr glücklich, dass
05:02diese Arbeitsgruppe der Taskforce eingesetzt wurde, weil die das erfüllen
05:07kann. Uns hilft es eigentlich nichts zu sagen, wir haben ein riesen Fördervolumen
05:11und jetzt tun wir die Sätze ein bisschen herunterschrauben oder machen wir in der
05:16Rasenmäher-Methode, alle Förderungen werden um zehn Prozent gekürzt. Das wäre
05:19genau der falsche Weg. Und darum ist sinnvoll, so eine Arbeitsgruppe einzusetzen.
05:22Die Einsparungen bei den Förderungen sind ja über die gesamte
05:25Legislaturperiode vorgesehen im Budgetpfad. Das heißt, wir haben keine kurze
05:29Zeit. Und wenn man sich nach und nach alle Förderungen anschaut, dann bin ich
05:33eigentlich sehr optimistisch, dass das der Weg ist, der nicht nur die Effizienz
05:36der Förderungen erhöht, sondern auch die entsprechenden Einsparungen bringen wird.