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Transkript
00:00Ich schätze mich als einen sehr guten Menschen ein.
00:23Wenn das andere nicht merken, ist es mir egal.
00:30Ich bin unheimlich selbstsicher.
00:35Die Lehrer sind direkt geschockt, weil sie das nicht gewohnt sind.
00:46Es ärgert mich, wenn mir etwas nicht nahe geht, was mir nahe gehen müsste.
00:55Vielleicht kenne ich mich schlecht.
01:00Vielleicht kenne ich mich schlecht, aber wer soll mich besser kennen?
01:05Ich will böse sein manchmal, aber ich bin gut.
01:11Naja, anfangen kann ich im Moment nichts damit.
01:15Weil ich nicht so leben kann, wie ich möchte.
01:18Meine Eltern hindern mich daran.
01:20Sie sehen überall immer gleich Gefahren und Fallen für mich.
01:23Und meine Mutter, die kriegt gleich Anfälle.
01:25Die darf ich überhaupt nicht aufregen.
01:26Und deshalb rühre ich mich am besten gar nicht.
01:30Bei uns zu Hause, da gibt es bloß einen Standpunkt.
01:33Und das ist der meines Vaters.
01:34Und der ist immer richtig.
01:37Bestimmte Prinzipien müssen einfach sein.
01:40Schon als Kind habe ich immer versucht, meinen Kopf durchzusetzen.
01:43Ich ging einfach nicht in den Kindergarten.
01:45Papa hat mir dann Schokolade versprochen oder Radau gemacht.
01:50Aber ich war immer die Stärkere.
01:52Er hat immer alles gemacht, weil er sein Töchterchen lieb hatte.
01:55Als ich zwölf war, hat mein Vater eine andere Frau kennengelernt.
02:05Er hat gedacht, das ist die große Liebe und hat sich scheiden lassen von Mutti.
02:09Früher war alles in Ordnung.
02:11Da waren eben drei Kinder, Mutti und Vater und meine Großeltern.
02:15Das ging ganz prima bis zur Scheidung.
02:18Dadurch, dass meine Brüder nicht viel älter sind als ich, war ich immer jungshaft.
02:25Ich habe nie mit Puppen gespielt.
02:26Ich habe nur draußen herumgetobt.
02:30Mein Großvater war ein einfacher Bauer.
02:32Ohne Bildung.
02:33Meine Mutter, die hat es schon leichter gehabt.
02:36Sie hat mit 30 Jahren ihren Lieblingsberuf gelernt.
02:39Jugendversorgerin.
02:40Und ich?
02:42Bei mir ist der Weg ganz glatt.
02:44Wenn ich die zwölfte Klasse beendet habe, kann ich gleich studieren.
02:48Kinder wollen, dass Eltern manchmal stärker sind als sie.
02:51Und das haben meine Eltern nie verstanden.
02:54Meine Freundin sagt, meine Kinder, also, die werde ich nie zu Dugmäusern erziehen,
02:58sondern ihnen alle Freiheiten lassen, damit sie ihre Persönlichkeit voll entfalten können.
03:04Aber schlechte Eigenschaften sind noch nicht angeboren.
03:09Ich habe es heute nicht leicht mit meinem Charakter.
03:11Mein Hauptproblem ist, dass ich mich nicht von meiner Familie lösen kann.
03:18Na ja, und dass es so schwer ist, eine eigene Wohnung zu bekommen.
03:24Mein Vater will ja niemanden sehen, nur seine Familie.
03:28Mit seiner Frau, seiner Tochter und den Großeltern um einen Tisch herum zu sitzen,
03:32morgens, mittags und abends, das war schon immer das Höchste für ihn.
03:36Und wenn ich mal Besuch auf meinem Zimmer habe, dann ist das ein Idiot, der stört.
03:39Ich hatte meinen Vati als Lehrer.
03:42Er ist als Lehrer ganz toll gewesen.
03:44Wirklich, die Klasse war begeistert von ihm.
03:47Sie sind zu ihm nach Hause gegangen.
03:48Mit ihm konnte man über alles reden.
03:50Mutti hat mir viel erzählt von ihm.
03:53Naja, sie musste es ja jemandem erzählen.
03:55Aber das war zu viel für mich.
03:56Ich konnte es nicht verkraften.
03:58Ich habe zugehört.
04:00Und dann ging ich in mein Zimmer und habe geheult.
04:02Als Kind war mein Vater immer mein Vorbild.
04:05Der konnte alles, wusste auf alles eine Antwort.
04:08Hat mich nie weggeschickt.
04:10Wenn ich was kaputt gemacht habe, sagte er,
04:12sei nicht traurig, das kriegen wir schon wieder hin.
04:15Was würde der heute auch noch tun?
04:17Ich glaube, der bedauert, dass ich nicht mehr mit Puppenspiele, die kaputt gehen können.
04:27Ich würde nie einen Mann heiraten, der so eine Einstellung hat wie Papa.
04:32Wenn ich Jürgen nicht gehabt hätte, wäre ich aus dem Schlamassel nicht rausgekommen.
04:36Jürgen kritisiert mich sehr.
04:37Und ich sage ihm, was mir nicht an ihm gefällt.
04:42Kinder möchte ich keine haben.
04:45Ich will viel reisen und viel erleben.
04:48Ich sehe doch, was Mami für ein Leben führt.
04:51Beispielsweise ein Betriebsfest.
04:52Papa sagt, klar, Hanschen, gehst du hin, den offiziellen Teil machst du mit.
04:56Und wenn sie zu tanzen beginnen, haust du ab nach Hause.
05:00Mama macht das.
05:01Und hinterher erzählt sie uns das Blaue vom Himmel, was sie alles angestellt hat.
05:04Und Papa, Papa ist so dumm und fällt noch darauf rein.
05:08Das kommt, weil sie die vielen Kinder hat und so früh angebunden war.
05:13Ich will erst mal frei sein, damit man sich gegenseitig nichts vormachen muss.
05:18Mein Vati hat zwei Jahre nach der Scheidung mit dieser Frau Schluss gemacht.
05:22Vati kam wieder auf zur Mutti.
05:24Das fand ich schlimm, weil sie ja geschieden waren.
05:27Ich konnte nicht verstehen, wie man da wieder zusammen sein kann.
05:29Na ja, vielleicht war das so eine moralische Tour von mir.
05:36Sie haben ihre Liebe vor uns Kindern versteckt.
05:38Vielleicht habe ich deshalb so gedacht.
05:40Verstecken ist doch was Schlechtes.
05:43Mein Vater hat mich nie mit etwas beunruhigt.
05:46Der hat mir immer eine heile Welt gezeigt.
05:49Plus der hat nicht mitgekriegt, dass ich erwachsen geworden bin.
05:51Er drängt uns allen seine Lebensweise auf.
06:05Und was er als richtig erkannt hat, das müssen alle anderen auch als richtig erkennen.
06:09Daran darf sich nichts ändern.
06:12Wenn man sich anpasst, hat man ein wunderbares Leben bei ihm.
06:16Ich glaube, er lebt doch in der Zeit des Krieges.
06:18Ernsthaft? Das muss eine interessante Zeit für ihn gewesen sein.
06:23Ich habe ja nie was aus ihm herausgekriegt.
06:25Hast du ihn nicht mal bekniet deswegen?
06:27Kinder mit feinem Gefühl stellen keine geschmacklosen Fragen.
06:31Da würde ich nicht ruhig leben können.
06:33Ich kenne meinen Vater als einen Menschen, der keiner Fliege was zu Leide tut.
06:37Und mein Großvater ist ein genauso guter Mensch.
06:40Bloß eben im Krieg, da waren sie in Polen und in der SU.
06:43Mein Großvater war Soldat und mein Vater hat mit der Verwaltung der besetzten Gebiete zu tun gehabt.
06:50Mein Vater und mein Großvater, die behandeln sich beide wie Verschworene, die besser Bescheid wissen als wir alle.
06:55Mein Vater tut mir manchmal leid, wenn er so sinnlos rumschreit.
06:58Das hat er von Opa, der war auch so ein Herrscher.
07:01Und das hat Papa immer gesehen und wollte er genauso werden.
07:04Nun kommt er auf einmal nicht mehr durch damit.
07:08Selbstmord finde ich gar nicht so schlimm.
07:09Ich habe mir vorgenommen, das mache ich später auch.
07:13Wenn ich merke, dass es rückwärts mit mir geht und ich nicht mehr alles so stark fühle.
07:18Vor dem Sterben habe ich keine Angst.
07:20Schluss machen, wenn es am schönsten ist.
07:27Vatys Tod kam ziemlich unerwartet.
07:30Ich habe mir nur gedacht.
07:32Naja.
07:33Und hat sich das alles von selber gelöst.
07:35Wenn ich überlege, das hat mich so beschäftigt.
07:41Ich dachte, das bleibt ewig in mir.
07:46Ich habe solche Angst vorm Sterben.
07:49Wenn ich daran denke, könnte ich glatt verrückt werden.
07:53Bloß weg von solchen Gedanken.
07:55Ich kann auch keine kranken Geschichten hören oder von Alten und so.
07:58Ich sage zwar zu mir, naja, so wirst du auch mal, aber innerlich glaube ich es nicht.
08:05Ich setze mich auch manchmal alleine in die Kneipe und denke, die sollen ruhig glotzen.
08:10Mich stört das nicht.
08:11Wenn die Erwachsene nicht so doof wären, hätte ich nie so schlechte Gesellschaft gesucht.
08:16Ich habe viel getrunken und geraucht und Feten beigewohnt.
08:20Praktisch hatte ich ja freie Entscheidungsmöglichkeiten, weil meine Eltern mich nicht anbinden.
08:24Ich konnte alleine herausfinden, was gut und was schlecht ist.
08:28Wenn man immer kontrolliert wird, macht man schon aus Protestunsinn.
08:31Jedenfalls, wenn man nicht ganz doof ist.
08:34Das stört mich so an den Erwachsenen, dass sie die Jugend zu Engeln erziehen möchten
08:37und ganz vergessen, wie sie selber waren oder gern gewesen wären.
08:41Ich würde gern so sein, wie meine Eltern es von mir verlangen.
08:46Bloß ich kann es nicht mehr.
08:48Ich möchte selber entdecken, was für mich gut ist.
08:51Doch sobald ich mich anders verhalte, als man von mir erwartet, nennt man mich ein Außenseiter.
08:56So sind ja nicht nur meine Eltern im Betrieb, es ist ganz genau so.
08:59Und ein Außenseiter will ich natürlich nicht sein.
09:02Ich will dazugehören.
09:03Ich werde meine Erziehung einfach nicht los.
09:09Ich habe keine Lust zum Reden mehr.
09:11Jedes Wort wird mir im Mund rumgedreht.
09:13Zu Hause drehen sie es in die Richtung und im Betrieb in die andere.
09:16Irgendwie spielt im Leben doch eine große Rolle, dass man anerkannt wird.
09:20Da kann man schnell falsch werden.
09:22Anders als man eigentlich ist oder anders als gut für einen ist.
09:25Ich möchte immer ich selber sein.
09:28Ohne die Menschen dadurch zu verletzen.
09:30Das ist schwierig.
09:31Eine Kritik aus meiner Klasse, die haut mich fast um.
09:34Die nehme ich so ernst.
09:37Die Mädchen in meiner Klasse halten sich alle an mich, weil ich meine eigene Meinung habe.
09:42Manchmal habe ich auch keine, aber dann tue ich so als ob.
09:44Da habe ich meine Ruhe und kann erst mal nachdenken.
09:47Ich habe mir immer Gedanken gemacht über Dinge, die kleine Kinder sonst als selbstverständlich hinnehmen.
09:52Wenn ich jemanden weinen sah, da wollte ich wissen, warum er weint.
09:55Ich ändere mich fortwährend.
09:57Vor Jahren, da habe ich die entgegengesetzte Meinung über mich gehabt.
10:01Wenn in der Schule die Darstellung der Entwicklung verlangt wird, dann können wir das alle nicht.
10:07Wir gehen vom äußeren Lebenslauf heran.
10:09Und der ist nicht interessant.
10:10Viele Mädchen wollen sich nicht als Frau fühlen.
10:14Die wollen lieber wie die Jungs werden, weil Jungs sich immer noch mehr erlauben können.
10:17Die Lehrer sagen manchmal einen Unsinn.
10:20Mädchen müssen immer Vorbild für die Jungs sein.
10:22Immer brav, nie frech, nie laut, nie unordentlich.
10:24Manche Lehrer hinken toll ihrer Zeit hinterher.
10:29Jedenfalls so richtig unterhalten kann man sich nur mit jungen Leuten.
10:32Ich war voller Fragen.
10:37Mein Vater liebte aber Fragen nicht.
10:39Und er fragt mich auch nicht, wie siehst du das und das, wie denkst du darüber.
10:43Eine andere Meinung hat ihn nie interessiert.
10:46Er wirft mir auch heute noch nichts vor, aber ich weiß genau, wie sehr er leidet, dass wir uns so auseinandergelebt haben.
10:53Ich würde nie mit ihm darüber sprechen.
10:55Da würde ich sofort zu heulen beginnen.
10:56Wir sind ja alle so gefühlsbeladen.
11:01Wir wollen halt nicht so eintönig und so spießig leben wie die Erwachsenen.
11:05Das ist doch furchtbar.
11:06Das klingt vielleicht so, als ob ich meinen Eltern weiß Gott was antun möchte.
11:10Aber das Dumme ist ja, dass ich sie sehr gut verstehe.
11:13Und dass ich sie sehr lieb habe.
11:16Bis ich drauf gekommen bin, dass wir uns von den Erwachsenen gar nicht so unterscheiden,
11:20wenn wir herumgammeln und saufen, das hat gedauert.
11:24Jedenfalls habe ich das eine Weile mitgemacht.
11:25Und dann habe ich mir gesagt, das kann nicht der Weg sein, um deine Ideale zu verwirklichen.
11:30Wo es langläuft, weiß ich immer noch nicht genau.
11:32Aber ich bin kritischer geworden, auch mir selber gegenüber.
11:35Und das finde ich ganz dufte.
11:37Man weiß ja manchmal gar nicht, wie man selber ist.
11:41Mit meinem Äußeren bin ich zufrieden.
11:44Naja, ich stehe manchmal so vor dem Spiegel und verschiebe die Nase und so.
11:48Alles Experimente.
11:51Manchmal wünsche ich mir, dass ich zarter wäre.
11:54So wie Anke.
11:55Aber ich bin eben ziemlich robust.
11:58Es ärgert mich, wenn mir etwas nicht nahe geht, was mir nahe gehen müsste.
12:01So wie Anke.
12:04So wie Anke.
12:04So wie Anke.
12:05So wie Anke.
12:06So wie Anke.
12:06So wie Anke.
12:06So wie Anke.
12:07So wie Anke.
12:08So wie Anke.
12:08So wie Anke.
12:08So wie Anke.
12:09So wie Anke.
12:10So wie Anke.
12:10So wie Anke.
12:10So wie Anke.
12:10So wie Anke.
12:11So wie Anke.
12:11So wie Anke.
12:12So wie Anke.
12:12So wie Anke.
12:13So wie Anke.
12:14So wie Anke.
12:15So wie Anke.
12:16So wie Anke.
12:17So wie Anke.
12:18So wie Anke.
12:19So wie Anke.
12:20So wie Anke.
12:21So wie Anke.
12:22So wie Anke.
12:23So wie Anke.
12:24Musik
12:54Musik
13:24Ich hab's satt, mich immer rechtfertig zu müssen, was man nicht so isst, wie man sein müsste.
13:40Man kann doch nicht immer nützlich für die Gesellschaft sein.
13:44Man muss doch mal das Recht für sich in Anspruch nehmen können, einmal beiseite zu treten.
13:48Heraus aus dem ganzen Prozess.
13:52Ich weiß eigentlich überhaupt nichts von mir.
13:54Ich weiß nur, dass ich von allen Seiten immer wieder bedrängt werde.
14:00So gut finde ich mich gar nicht, wie ich vorhin gesagt habe.
14:03Ist doch nicht wahr, ich will gut sein.
14:06Ich will bloß immer anderen beweisen, dass ich keine Niede bin.
14:09Wenn ich aus der Schule komme, gehe ich sofort weg.
14:12Wohin weiß ich noch nicht genau.
14:14Ich hab viele Ideen.
14:15Vielleicht in ein Kernkraftwerk. Das ist was Neues in der Zukunft.
14:19Ich muss zugeben, und ich gebe ja nicht gerne was zu.
14:22Von Jürgen bin ich sehr enttäuscht.
14:25Ich merke erst jetzt, wie spießig er ist.
14:28Es ist halt schlecht, wenn man mit einem Jungen gleich intim wird, obwohl man ihn gar nicht kennt.
14:32Wenn ich mal einen Freund empfange, dann muss ich um 9 Uhr auf die Uhr gucken und anfangen zu gehen.
14:37Weil ich Angst habe, es könnte plötzlich die Tür aufgehen, wie das schon passiert ist.
14:40Und mein Vater kommt rein und sagt, also bitteschön, gehen Sie jetzt, ja?
14:44Meine Tochter ist müde.
14:46Und das möchte ich mir ersparen.
14:48Bei meiner Mutter, da gibt es bloß ein Prinzip.
14:50Erst heiraten und dann alles andere.
14:53Ich habe so einen Einblick bekommen, was Jürgen sich im Leben wünscht.
14:58Ein Bungalow am Wasser, schön viel Geld treffen und Beziehungen.
15:02Beziehungen sind ganz toll wichtig.
15:04Und immer alles für sich.
15:07Ich verlange sehr viel von meinen Freunden.
15:10Aufrichtigkeit, grenzenloses Vertrauen.
15:13Toleranz hat für mich nichts mit Freundschaft zu tun.
15:16Warum soll ich tolerant sein?
15:18Ich bin mir gegenüber ja auch nicht tolerant.
15:21Im Gegenteil, du, ich bin mir gegenüber sehr kritisch.
15:24Bloß, das werde ich anderen natürlich nicht erzählen.
15:26Und deswegen bezeichne ich mich auch nicht als hundertprozentige Freundin von irgendjemandem.
15:32Na gut, Kommune ist nicht jedermanns Sache.
15:36Aber die Leute, die sowas probieren, finde ich einwandfrei.
15:39Nicht nur pünktlich zur Arbeit kommen, das ist zu wenig.
15:42Sein Leben überdenken, mal was anderes machen als die Erwachsenen.
15:46Das finde ich unheimlich gut.
15:49Diese Einstellung hat Jürgen nicht.
15:51Ich habe ihm einen Brief geschrieben, da habe ich ihm alles gesagt,
15:54was ich an einem Menschen nicht ausstehen kann.
15:56Höre ich nichts weiter von ihm?
15:59Ich habe keine Lust, mich mit Gleichaltrigen zu beschäftigen.
16:03Die können mir doch bestenfalls eine schöne Party ausrichten.
16:05Aber die können sich nicht in mich hineinversetzen.
16:09Wenn ich mal Besuch habe und die fragen,
16:11Mensch Angela, was ist denn mit dir los, wie sitzt du denn da?
16:15Und ich sage, na ich bin traurig.
16:17Dann erwarte ich doch von meinen Freunden, dass sie mir helfen,
16:20das alles zu klären, was so verwickelt ist.
16:22Aber die sagen bloß immer, denk nicht mehr dran, Kopf hoch, komm mit.
16:28Die helfen mir überhaupt nicht, über meine Schwierigkeiten hinwegzukommen.
16:32Die wollen nur, dass ich meine schlechte Laune ablege.
16:34Es gibt schon manche, die könnten mir Freund sein.
16:39Aber da ist von zu Hause wieder diese Schranke.
16:42Das ist wirklich zum Verzweifeln.
16:46Ja, ich spüre, das könnte jemand sein, der mir hilft.
16:51Und da wird er von meinem Vater glatt hinausgeschmissen.
16:53Das ist wirklich zum Verzweifeln.
17:23Anke war meine erste Freundin.
17:27Sie war von der siebten bis zur achten Klasse mit mir zusammen
17:30und dann kam sie auf eine andere IOS.
17:32Da entwickelte sich eine richtige Abendfreundschaft.
17:36Anke ist reifer als ich.
17:39Einerseits ist sie sehr gefühlvoll,
17:41aber sie versteht es, ihre Gefühle zu lenken.
17:47Mir hat auch unheimlich imponiert,
17:49was für einen starken Willen die hat.
17:51Die nimmt sich was vor und das macht die auf jeden Fall.
17:54Das konnte keiner verstehen, warum die Kuhdoktor werden will.
17:59Vielleicht, weil sie merkt, dass ihr in der Richtung etwas fehlt.
18:02Mir imponiert unheimlich unsere Geschichtslehrerin.
18:05Schon ihr Äußeres, sie ist immer modisch gekleidet,
18:07gar nicht wie eine Lehrerin.
18:09Sie schaut immer frisch und ausgeruht aus,
18:11als ob sie mit uns überhaupt keine Ärger hat.
18:13Sie arbeitet nicht stur auf ein Ziel hin
18:16und jubelt uns nicht ihre eigene Meinung unter.
18:20Mit der können wir aber alles sprechen,
18:22auch über Westfernsehen.
18:24Sie sagt nicht, das ist falsch,
18:25sondern es ist gut, dass ihr so ehrlich seid.
18:27Sie sagt, man kann nur zu einer eigenen Meinung gelangen,
18:30wenn man sich auch mal irren darf.
18:31Die ist ein wahres Glück für mich.
18:33In Stabi hat man bei uns manchmal das Gefühl,
18:39die Lehrerin versteht es selbst nicht richtig.
18:41Wenn wir über die Wahrheit diskutieren wollen,
18:44wird von vornherein gesagt,
18:45es kommt beim Abi nicht dran,
18:47damit braucht ihr euch nicht zu belasten.
18:49Mich interessiert das aber.
18:52Es ist das erste Mal,
18:53dass wir mit Philosophie in Berührung kommen.
18:56Nun entsteht bei einigen gleich die Meinung,
18:57dass es etwas Abstraktes trocken ist.
19:00Das brauchen wir im Leben nie.
19:02Ich komme mir blöd vor, wenn ich Fragen stelle.
19:05Die Fragen werden oft so beantwortet,
19:07dass man keine Lust hat, die nächste zu stellen.
19:09Man nimmt den Stoff einfach an.
19:12Von den Lehrern erwartet man nichts Besonderes.
19:15Was man nicht kapiert,
19:16das schaut man sich eben zu Hause an.
19:19Für mich waren die Jahre in der Schule schwer.
19:21Zuerst war ich ja ziemlich begeistert,
19:23weil alles ganz anders war als zu Hause.
19:25Viel offener.
19:27Ich kam nach Hause und erzählte,
19:28aber nie sahen meine Eltern die Dinge so,
19:29wie wir sie gelehrt bekamen.
19:32Wir haben deutsche Geschichte gelehrt bekommen.
19:35Und zu Hause hat mein Vater bloß gesäuft,
19:37ach, mein armes Kind.
19:39Wie er wirklich darüber denkt,
19:41hat er mir nie gesagt.
19:43Als ob er Angst vor mir hätte.
19:46Der hat mir nur mal gesagt,
19:47dass er mir so viel Verstand zutraut,
19:49nicht zu glauben, was ich in der Schule höre.
19:50Was soll ich denn sonst glauben?
19:58Eigentlich fehlen uns die Wanderjahre.
20:02Nach der Schule,
20:03da müsste es eine Zeit geben,
20:05um erstmal alles kennenzulernen,
20:06um erstmal Luft zu holen.
20:09Es muss ja nicht ein ganzes Jahr sein,
20:11aber irgendeine Zeit braucht man,
20:12um freier zu werden.
20:13Die Schule engt furchtbar ein.
20:17Ich bin ja schon ziemlich vielseitig,
20:19aber die meisten haben nur die Schule und den Fernseher.
20:21Das finde ich so schlimm, ehrlich.
20:23Wie soll man denn später einmal wissen,
20:24was man will?
20:25Manchmal habe ich direkt Angst,
20:27weil ich nicht mehr so hundertprozentig
20:28an alles glauben kann,
20:29wie als Kind.
20:32Schlimm ist für mich,
20:32wie Papa sich verhält.
20:34Ich höre es mir mal an,
20:34wenn er über die Arbeit schimpft.
20:36In der Schule spricht man ja ganz anders.
20:38Was stimmt denn nun?
20:48Ich habe so blöd von unserem Schuldirektor geträumt.
20:51Der predigt uns immer,
20:52wie wir sein sollen.
20:53Auf einmal wollte er uns erschießen.
20:54Das kommt daher,
20:55weil ich mir immer einbilde,
20:56ich falle durch
20:57und die zehnte ist doch so wichtig.
20:58Das ist ein unheimlicher Druck,
21:00sodass man gar nicht ruhig schlafen kann.
21:02Im Traum habe ich unserem Direktor
21:03dann alles klar gemacht.
21:04Ich habe mit ihm verhandelt,
21:05wie ich das immer mache
21:06und dann hat er uns leben lassen.
21:08Ich war mächtig aufgeregt,
21:10aber es hilft doch,
21:11wenn man sich für etwas einsetzt.
21:14Unser Staat macht Fehler, na gut,
21:15aber in unserer Klasse
21:16sind eigentlich alle für den Sozialismus.
21:19Jeder versucht,
21:19den anderen zu überzeugen,
21:21wie sehr er selbst überzeugt ist.
21:23Das Prinzip finde ich einwandfrei.
21:25Richtig fanatisch sind wir manchmal.
21:27Manche sagen,
21:28sollen doch alle rübergehen,
21:29die wollen.
21:30Ich finde einfach keinen Platz
21:31in der Gesellschaft.
21:33Wo man hineingeboren ist,
21:34da bleibt man ein Leben lang.
21:35Mir hat das Buch von Ruth Werner,
21:37das ungewöhnliche Mädchen,
21:38ganz toll gefallen.
21:40Ich habe mir nicht getraut,
21:41es den anderen in der Klasse zu sagen,
21:43weil es so ein Kämpferbuch ist.
21:45Die beneidet man so,
21:46die noch richtig kämpfen können.
21:47Die geht nach China
21:48und dann kriegt sie ein Kind
21:49und der Mann ist im Auto verunglückt.
21:51Und sie sitzt ganz allein
21:52in dem großen Haus
21:53und versucht,
21:54eine Radioverbindung zu kriegen.
21:55Das muss man sich mal vorstellen.
21:57So ein großes, dunkles Haus.
21:59Und die hat ihren Auftrag.
22:01Die hatte doch eine Sache,
22:03wofür sie kämpfen konnte.
22:05Die gleiche Sache haben wir auch,
22:06den Sozialismus.
22:08Aber den haben wir ohne Konflikte bekommen.
22:10Dafür kämpfen, warum?
22:12Das haben doch die anderen
22:13schon für uns erledigt.
22:15Das ist wirklich ein Problem für mich,
22:18dass man einen großen Charakter
22:19als Vorbild sieht
22:20und seinen eigenen nicht entwickeln kann.
22:23Ich könnte nie so fanatisch kämpfen
22:24für eine Sache.
22:25Aber ich würde immer
22:26meine eigene Persönlichkeit
22:27in den Vordergrund stellen.
22:29Das ist traurig.
22:32In der Schule kapituliert man
22:33schon bei Kleinigkeiten.
22:35Es gibt Vorbilder in Büchern,
22:36die beeinflussen mich unheimlich.
22:39Papa hat mir ein paar Bücher
22:40von Malamut mitgebracht.
22:42Die erzeugen dermaßen
22:43nachhaltige Gefühle,
22:45der glaubt so stark an den Menschen,
22:46dass man selber gut wird.
22:48Und der zeigt,
22:49wie Menschen über Widerstände hinwegkommen.
22:51Oder das Buch von Merle
22:52über die Delfine.
22:54Das finde ich unheimlich gut,
22:55dieses Verständnis
22:56zwischen Mensch und Tier.
22:57Es ist doch oft so,
22:58dass die Menschen gegenüber
22:59den Tieren rücksichtslos sind.
23:01Und das sehe ich nicht ein.
23:03Ich hole mir stapelweise Bücher
23:04aus Fatis Regal.
23:06Dann merke ich,
23:07dass ich viel zu langsam lese.
23:09Das Tier lebt auch in der Natur
23:10und ist ein Lebewesen
23:11wie der Mensch.
23:13Es muss doch auch Rechte haben.
23:15Für mich ist die ganze Natur
23:17unheimlich wichtig.
23:18Ich bin oft hier draußen
23:19und fühle mich dann ganz frei.
23:22Das Buch über Hiroshima
23:23von dieser
23:24Moris.
23:26So arm wie die Menschen sind
23:27und was die für einen
23:29menschlichen Reichtum haben.
23:31Mutti hat es natürlich auch gelesen
23:32auf mein Drängen.
23:34Ist halt ein bisschen kitschig.
23:35Da war ich ganz schön enttäuscht.
23:37Ich war doch immer beeinflusst
23:38von Mutti's Geschmack.
23:40Den siebten Brunnen,
23:41den fand ich auch ganz wunderbar,
23:42weil er so menschlich ist.
23:43Und die Franziska linke Hand.
23:46Da habe ich ein halbes Jahr
23:46zu gebraucht.
23:48Dieser Trojanowitsch.
23:50So stelle ich mir auch
23:51eine Freundschaft vor.
23:52Ich schöpfe alles aus mir selber.
23:54Mein Vater kann das ja auch.
23:57Einen Menschen kenne ich,
23:57der mehr Kraft gibt
23:58und Hoffnung.
24:00Ich glaube,
24:01ich bekomme langsam
24:02eine Ahnung davon,
24:03wie herrlich das Leben sein kann.
24:05Manchmal bin ich ja
24:06unheimlich depressiv.
24:07Da wache ich früh auf
24:08und bin schon traurig.
24:10Und da sage ich alles ab
24:11und schließe mich ein.
24:12Naja,
24:13wenn ich ewig lustig bin,
24:14wie meine Freunde
24:15das von mir erwarten,
24:16da komme ich ja
24:16auf keinen grünen Zweig.
24:18Ich weiß auch nicht,
24:19warum manche Menschen
24:20so scharf sind
24:20auf Partys und Zerstreuung.
24:23Ich selber renne ja auch
24:23zu solchen Unterhaltungen,
24:24aber ich weiß nie,
24:25was ich da suche.
24:26Ich arbeite jetzt
24:27im Klubrat
24:27von unserem Jugendclub mit.
24:29Das begeistert mich ganz toll,
24:31weil ich zum ersten Mal erlebe,
24:33wie sehr man sich
24:34für eine Sache engagieren muss,
24:35um andere anzustecken.
24:37Das möchte ich
24:37in meinem späteren Beruf
24:38auch erreichen.
24:40Ganz deprimierend
24:41finde ich die Betriebsarbeit.
24:43Wir sind alle 14 Tage
24:44einmal im Betrieb.
24:45Man sitzt da rum,
24:46macht praktisch nichts
24:47und alles ist so unpersönlich.
24:49Der Chef geht nie,
24:50auf uns allen.
24:52Wie können Frauen
24:52so etwas das ganze Leben
24:54durchhalten?
24:55Mich macht es glücklich,
24:56wenn ich in die Klasse komme
24:57und alle froh sind,
24:58dass ich wieder da bin.
25:00Oder wenn eine Lehrerin
25:01akzeptiert,
25:02was ich sage,
25:03obwohl es mir schwer gefallen ist
25:04und sie mich nicht zurückweist.
25:05Da bin ich ihr dankbar
25:06und möchte sie umarmen.
25:08Glücklich bin ich auch,
25:09wenn meine Freundin
25:09mir alles erzählt,
25:11wenn sie Vertrauen zu mir hat.
25:12Man hat ihr jetzt
25:13ein Kind abgenommen,
25:14das hat sie unheimlich fertig gemacht.
25:16Sonst hat sie es
25:17niemandem gesagt.
25:19Nur mir.
25:20Außer Anke hatte ich nie
25:21Freundschaften in der Klasse.
25:23Das hat mir sehr gefehlt.
25:26Ich bin zu kritisch,
25:27das ist das Schlechte an mir.
25:30Wenn ich an meinen zukünftigen Mann denke,
25:32dann kriege ich Komplexe,
25:34weil ich so unheimlich kritisch bin.
25:35Es wäre schön,
25:37wenn er ein Typ wie Anke sein könnte.
25:39Einer, der mich immer anstachelt,
25:40damit ich nicht
25:41in diesen Trott hineinfalle.
25:43Naja, Gleichberechtigung auf jeden Fall.
25:44Ach, das Gerede von der Gleichberechtigung
25:46ist blödsinnig.
25:48Ernsthaft.
25:49Glaube ich nicht,
25:49dass sich das verwirklichen lässt.
25:50Niemals.
25:52Da sind uns doch von der Natur
25:53schon ganz einfach Grenzen gesetzt.
25:54Untertitelung im Auftrag des ZDF,
26:24Untertitelung im Auftrag des ZDF,
26:55Nie wieder mit dem Jungen schlafen,
26:56wenn ich ihn nicht richtig liebe.
26:58Manchmal habe ich die Vorstellung,
27:00dass ich nicht treu sein werde.
27:01Wie stößt du schnell etwas ab?
27:04Da muss ich mir die Freiheit bewahren,
27:05einen anderen Mann zu suchen.
27:06Es gibt doch genug Männer
27:07mit einem interessanten Charakter.
27:10Ich habe mich gewundert,
27:11wie mir Ronny auf einmal gefallen hat.
27:13Ich dachte immer nur an einen älteren,
27:14klügeren Jungen.
27:16Und auf einmal war es einer,
27:17den ich schon lange kannte.
27:18Der mit mir sogar mal
27:19in der gleichen Klasse gewesen ist.
27:20In meine Beziehung zu Männern
27:22bringe ich kein richtiges Gleichgewicht.
27:25Ich tico oft in meinem Zimmer herum.
27:26Ich laufe hin, ich laufe her.
27:28Und manchmal erscheint mir
27:29alles ganz geordnet.
27:31Und am nächsten Morgens
27:32alles wieder durcheinander.
27:33Ich weiß nicht,
27:36ob es einen Sinn gehabt hat,
27:37was ich dachte,
27:37oder ob es keinen Sinn hat.
27:39Was ich aber immer wieder empfinde,
27:41ist, diese Kluft zwischen Männern und Frauen,
27:43die ist nicht.
27:45Ich fühle mich in männlicher Gesellschaft wohl.
27:48Männer, die sind
27:49ehrlicher und aufrichtiger als Mädchen.
27:52Ich habe mich nie mit Mädchen beschäftigt.
27:54Da gibt es doch bloß Neid und Eifersucht.
27:56Ich erinnere mich an meine erste Verliebtheit.
27:59Wie herrlich und wie traurig das war.
28:00Da war ich elf,
28:02da hat Lorenz,
28:02mein ältester Bruder, geheiratet.
28:04Wir haben drei Tage lang gefeiert.
28:07In die Freunde von Lorenz
28:08war ich dermaßen verknallt,
28:10wie das zu Ende ging
28:11und sie alle wieder weggefahren sind,
28:13war ich unheimlich traurig.
28:15Ich habe mir nicht vorstellen können,
28:16dass das Leben weitergeht.
28:29Ronny wollte gleich mit mir schlafen.
28:30Und das hat mich entsetzt.
28:33Ich konnte das nicht verstehen.
28:34Ich wusste doch,
28:35dass es noch keine richtige Liebe war.
28:38Jedes junge Mädchen stellt sich vor,
28:39dass man sich erst lieben muss,
28:40bevor man miteinander ins Bett geht.
28:43Und in der Praxis,
28:45ich weiß nicht,
28:46irgendwie wird man da überrumpelt.
28:49Vom Verstand war mir ja völlig klar,
28:51warum das dann auseinandergegangen ist.
28:53Aber im Gefühl hat es doch sehr wehgetan.
28:56Warum hat er so wenig Geduld mit mir gehabt?
28:58Die Jungs hier im Ort benehmen sich wie die Könige.
29:02Es gibt sogar Mädchen,
29:03die geben den Jungs Geld,
29:04damit sie immer mit ihnen schlafen.
29:06Ich habe meine bestimmte Vorstellung
29:08von dem Mann,
29:08mit dem ich leben möchte.
29:10Der dürfte mir nicht unterlegen sein,
29:11das würde ich nicht aushalten.
29:13Ich muss zu ihm aufschauen können,
29:15sonst würde ich den verachten.
29:18Dürfte auch kein Muffe sein,
29:19der immer zu Hause hockt.
29:20Das müsste ein Mensch sein,
29:21der mich mitreißt.
29:22Ein Kind möchte ich auch haben.
29:25Aber nur eins,
29:26und das dürfte nur für mich da sein.
29:28Ich würde es natürlich in den Kindergarten geben,
29:29damit es selbstständig wird.
29:31Zu mir hat man ja nur immer gesagt,
29:33mit den anderen Kindern darfst du nicht spielen,
29:34da lernst du böse Sachen.
29:36Naja, christliche Nächstenliebe war das nicht gerade.
29:39Ich war als Kind so ängstlich und verstockt,
29:41dass ich kein Wort gesprochen habe.
29:44Ein Kind ohne Mann,
29:45das wäre auch denkbar.
29:47In die Krippe würde ich ein Kind nicht geben.
29:49Die Gleichberechtigung soll doch nicht
29:50auf Kosten der Kinder gehen.
29:52Deshalb möchte ich auch lieber keine haben.
29:55Wenn Jürgen sich wieder meldet,
29:56den würde ich heiraten.
29:58Den kann ich mir so richtig gleichberechtigt vorstellen.
30:00Man hat keinen Vater.
30:01Die Mutter hat ihn so erzogen,
30:03dass er die gleichen Arbeiten macht wie eine Frau.
30:05Und wenn wir dann doch mal ein Kind haben sollten,
30:08Jürgen würde zu Hause bleiben,
30:09wenn mal ein Kind krank ist.
30:11Ich bin der Meinung,
30:12dass derjenige zu Hause bleiben soll,
30:14der am meisten pädagogisch ist.
30:16Gesetzlich ist das ja geregelt.
30:17Ich verstehe nicht,
30:18warum manche Mädchen so scharf sind,
30:20darfst heiraten.
30:21Glaubst du denn,
30:22dass du den Mann mit Stempel
30:23besser halten kannst als ohne?
30:25Na, vielleicht wird sich da auch mal was ändern.
30:27Dass man mal eine gemeinsame Wohnung kriegt,
30:29ohne verheiratet zu sein
30:30und mal was ausprobieren kann.
30:32Naja, ich erlebe das sowieso nicht mehr.
30:35Jedenfalls,
30:36wenn Schwierigkeiten auftreten würden,
30:37würde ich einfach gehen.
30:38Ich muss ja nicht gleich zum Nächsten gehen.
30:40Kann ja erst mal sehen,
30:41ob ich allein fertig werde.
30:43Von solchen Experimenten
30:44wie Großfamilie und Kommune
30:46halte ich überhaupt nichts.
30:47Hör mal,
30:48du kannst doch nicht für dich
30:49ein kleines System aufbauen,
30:50wenn wir alle im Großen sitzen.
30:52Man muss sich doch erst mal
30:53im Großen wohlfühlen.
30:56Manchmal schlafen Anker und ich
30:57am Seeufer in unseren Schlafsäcken.
31:00Und da wundern wir uns,
31:00wie sehr sich der See und der Himmel
31:02verwandeln, wenn es dämmert.
31:03Die ersten Fischer fahren hinaus.
31:06Naja,
31:06da kommen manchmal
31:07irgendwelche Jungs zu uns.
31:09Wir gucken die Sterne an
31:10und wir kuscheln uns
31:11aneinander,
31:12weil es kalt ist.
31:13Und wir küssen uns auch.
31:15Aber mehr war nie.
31:17Und jetzt kriege ich Angst,
31:18weil ich nicht weiß,
31:19wie man sich dabei benimmt.
31:22Naja,
31:22unsere Jungs
31:23haben die gleichen Probleme.
31:24Nächstes Jahr
31:25kommen sie zur Armee
31:25und sie haben noch
31:26keine Freundin gehabt.
31:28Lange haben wir das
31:29gar nicht vermisst.
31:31Und jetzt gucken wir uns
31:31manchmal an,
31:33dann kriegen wir
31:33einen richtigen Schreck.
31:35Darüber müsste man
31:35mehr im Fernsehen sehen
31:36oder in der Zeitung lesen.
31:38Zum Glück kann ich
31:39mit meiner Mami
31:40über alles sprechen.
31:41Ich sehe praktisch
31:42keinen Erwachsenen in ihr.
31:43Siehst wie ich.
31:44Mit ihr kann ich auch
31:45über das Sexuelle reden.
31:47Das ist einwandfrei.
31:48Darum habe ich auch
31:48keine Komplexe.
31:49Ich weiß nicht,
31:50ob meine Mutter weiß,
31:50dass ich einen Freund habe.
31:52Naja,
31:53zumindest würde sie ihn verurteilen.
31:54Egal,
31:55was es für einer ist.
31:57Das soll jetzt nicht heißen,
31:58dass ich meine Eltern verdamme.
31:59Im Gegenteil.
32:01Ich habe viel Liebe bekommen.
32:03Vielleicht zu viel.
32:05Gefordert haben die mich nie.
32:07Und auch die Arbeit
32:07ist mir immer leicht gefallen.
32:09Zuerst hat mir die Bibliothek
32:11unheimlichen Spaß gemacht.
32:12Jeden Tag neue Gesichter.
32:14Heute macht es mir
32:15überhaupt keinen Spaß mehr.
32:16Es ist doch immer das Gleiche.
32:18Vielleicht werde ich
32:19Kulturwissenschaften studieren.
32:21Ich weiß noch nicht.
32:22Jedenfalls will ich
32:23um alles kämpfen können.
32:24Es ist doch furchtbar,
32:25wenn man jungen Leuten
32:26alles vorkaut.
32:26Das macht sie doch lahm.
32:28Also ich kann einfach
32:29keine Ratschläge
32:30von Erwachsenen mehr hören.
32:31Schönheit ist für mich nicht so wichtig.
32:49Ich habe eine hässliche Freundin,
32:50aber die ist so klug.
32:52Die hat ihre eigene Meinung.
32:54Das gefällt mir eben.
32:55Die hat auch schon bei mir geschlafen.
32:57Mit der kann ich über alles sprechen.
32:58Auch über Politik und dann nicht
33:00auch Gott und so.
33:03Gott und Weltanschauung und so.
33:05Das interessiert mich ganz toll.
33:07Ich finde blöd,
33:08dass man darüber nicht redet.
33:10Anke zum Beispiel
33:11glaubt an übernatürliche Kräfte.
33:13Ich konnte das erst gar nicht verstehen.
33:15Es spricht so viel
33:16gegen diese höheren Kräfte.
33:18Aber in den Gehirnen der Menschen,
33:19da gibt es doch diesen Glauben.
33:20Und damit muss man sich
33:21da auseinandersetzen.
33:24Bei uns, da gibt es jetzt
33:26einen neuen Pfarrer.
33:27Der zieht die jungen Leute so an.
33:29Der hat den persönlichen Kontakt
33:30zu den Menschen,
33:31den die Lehrer nicht immer haben.
33:34In unserer Klasse,
33:35da wollte einer Theologie studieren,
33:36weil der Pfarrer nicht so primitiv
33:38gegen den Marxismus polemisiert.
33:40Der sagt eben nicht,
33:41die Sache ist entschieden,
33:42taugt alles nichts.
33:44Wir geben nun mal gerne Kontra.
33:46Jugendliche interessiert das Ungewöhnliche.
33:48Wir wollen keine fertigen Wahrheiten,
33:49die wir nur einfach zu schlucken brauchen.
33:53Ich bin da unheimlich selbstsicher.
33:56Die Lehrer sind direkt geschockt,
33:57weil sie das nicht gewohnt sind.
33:59Eine Lehrerin hat mir gesagt,
34:01wenn ich die schon laufen sehe,
34:03dabei habe ich einen ganz duften Gang.
34:04Ich weiß gar nicht,
34:05was die sagen will.
34:07Und wenn ich in der Schule
34:08ein Wort darüber sage,
34:10dann bekomme ich im besten Fall
34:11einen Aufklärungsvortrag.
34:13Kein Platz für Gott,
34:14alles Materie.
34:15Aus jedem bisschen Chemie.
34:17Wenn wir zum Beispiel
34:18das Massenwirkungsgesetz behandeln,
34:20dann müssen wir herauslesen,
34:21dass die Materie zuerst da war.
34:23Das bringen die Schüler
34:24schon gar nicht mehr.
34:25So langweilig ist das.
34:28Als ich zum Beispiel
34:29die Olga Benariel gelesen habe,
34:30da ging mir auf einmal Chile nah.
34:33Man hat doch sonst
34:33keine Vorstellung von den Dingen.
34:36Man muss dem Verbrechen
34:37ein Gesicht geben.
34:38Das habe ich gelesen.
34:40In der Schule,
34:40da hat es aber kein Gesicht.
34:42Es müssten auch andere Bücher
34:43in den Lehrplan,
34:44nicht nur die Väter von Bredel
34:46oder die Bücher von Eid Martoff,
34:48die fanden sogar unsere Jungs schön.
34:50Das ist ein Gesicht.
35:20Amen.
35:50Wenn ich mal ganz schnell packen müsste, wenn Feuer ausbricht oder so,
36:07dann würde ich zuerst meine Hosen retten, meine Bilderalben und meine Truhe.
36:12Die hat Papa mir geschenkt, als ich sieben war und ich zur Schule wollte.
36:15An der hänge ich unheimlich und meine Liebesbriefe.
36:45Untertitelung des ZDF, 2020
37:15Untertitelung des ZDF, 2020
37:45Untertitelung des ZDF, 2020