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Transkript
00:00La la la la...
00:13Dumm, dumm, dumm, dumm, dumm, dumm.
00:23Bum, bum, bumm, bumm, bumm, von dir.
00:27Bin doch im Traum bei dir und red mit dir.
00:35Wenn ich erwachen tu, wenn ich erwachen tu.
00:43Bin ich allein.
01:13Irgendwo hab ich gelesen von einem, der auf der Suche ist nach einem unverbildeten Menschen
01:23und einer unzerstörten Landschaft.
01:26Das traf bei mir jetzt, Markus, hängt jetzt bei mir über dem Bett, damit ich's nicht
01:33vergesse.
01:34Ich hab immer irgendwas dort hängen, was mich sehr angeht, schon als Kind hab ich das getan.
01:39Ich hab sogar Seiten aus Büchern rausgehessen.
01:43Und diesen unverbildeten Menschen hab ich vorläufig in meiner Tochter.
01:51Und ich möchte alles versuchen, um zu verhindern, dass sie verbogen wird.
02:00Meine Eltern haben's mit mir genauso gemacht.
02:04Die sind klug und unverdorben, denen hab ich alles zu verdanken.
02:08Damit hab ich mich immer gewehrt, irgendetwas aufzunehmen, was mir nicht entsprach.
02:12Du weißt, dass es Eltern gibt, die in bester Absicht ihren Kindern raten, alles mitzumachen,
02:18um nicht unangenehm aufzufallen.
02:20Das ist unverantwortlich.
02:23Meine Eltern sagten immer, du darfst nichts tun und nichts sagen, was du nicht ehrlich meinst.
02:30Die haben mich gegen die Heuchelei erzogen.
02:35Meine Schwierigkeiten bewegten sich in den Grenzen des Zumutbaren.
02:42Da mein Vater alter Kommunist war über jede Verdächtigung erhaben.
02:46Insofern hatte ich's leichter als andere. Die brauchten mehr Zivilcourage.
02:51Ich bin das einzige Kind.
02:56Aber meine Eltern haben mir in die Puppen aufgezwungen oder mich von anderen Kindern abgekapselt.
03:05Auf unserem Gang allein wohnten zehn Kinder, da standen uns praktisch alle Türen offen.
03:10Wenn meine Mutter Steine klopfen war, dann bin ich eben in irgendeine andere Wohnung gegangen,
03:14wo gerade eine Mutter zu Hause war oder eine Großmutter.
03:17Je mehr Freiheiten man gehabt hat, desto lieber kommt man wieder nach Hause zurück.
03:23Mein Vater ist inzwischen gestorben.
03:33Töchter neigen dann dazu, ihre Väter in den Himmel zu heben.
03:38Meine Mutter, meine Mutter ist zusammengebrochen.
03:41Mein Vater war für sie der wichtigste Mensch auf der Welt.
03:48Aber ich war nie eifersüchtig. Mein Vater hatte Platz für viele.
03:52Sein Herz war weit, sagt meine Mutter.
03:56Sie hat ihn schon im Blut.
03:59Ich glaube, ich habe meinen Mann auch schon im Blut.
04:03Wir sind seit zehn Jahren zusammen.
04:06Und ich kann mir an anderen Mann nicht denken.
04:12Robert...
04:19...ist...
04:21...ein Stiller.
04:23Manche Menschen behaupten, ich spiele ihn an die Wand, doch die kennen uns schlecht.
04:29Robert...
04:31...hat nur einen Fehler. Er kümmert sich nicht um unsere Tochter.
04:35Er liebt mich mehr als sie. Am liebsten ist er mit mir allein.
04:39Und auch wenn wir in Gesellschaft sind, ist er mehr mit mir beschäftigt als mit anderen Menschen.
04:48Ich denke nicht darüber nach, ob mir das angenehm ist oder nicht.
04:51Ich komme vor, dass er mir von einem Mann erzählt, was das für ein hervorragender Kerl ist.
05:02Und dann muss ich diesen Menschen auch kennenlernen.
05:05Und es ist seltsam, diese Männer gefallen mir nie.
05:11Robert ist immer gespannt, wie ich reagiere.
05:15Dann ist er verwundert.
05:17Oder enttäuscht, wenn er merkt, dass ich andere Maße habe als er.
05:24Aber irgendwie erleichtert es ihn auch, als wollte er mich nur auf die Probe stellen.
05:31Aber diese ständige Vergleicherei beschäftigt ihn enorm, da er im Grunde mit sich unzufrieden ist.
05:39Er hat in seinem Kopf irgendein Männlichkeitsideal.
05:43Meistens sind das enorm athletische Körper mit Gesichtern wie Wildwesthelden für mich total reizlos diese zupackenden, und differenzierten Maßbilder.
05:57Es ist aber auch noch etwas anderes. Robert hat eine kleine homosexuelle Ader.
06:20Dass er gerade auf mich verfallen ist, ist kein Zufall.
06:24Er sieht an meiner Mutter, wie knabenhaft die Frauen in unserer Familie bleiben.
06:29Das kann auch ein Grund sein, warum er unserer Tochter gegenüber so zurückhaltend ist.
06:38Ich gehöre nicht zu den Frauen, die sich einreden, nur mit einem Mann glücklich sein zu können.
06:52Darauf verstehen nicht Männer, die mir gefallen. Und denen ich gefalle.
06:57Wenn tatsächlich nur zwei Menschen füreinander in Betracht kämen.
07:01Unter den zig Millionen auf der Welt. Wie finden denn diese beiden zueinander?
07:07Nein.
07:09Man hat einfach seine Wahl zu treffen und dann wird er eben der Einmalige sein, der einen glücklich macht.
07:20Ich denke nicht, dass du von mir was enorm Spannendes erfährst.
07:23Ich neige nicht zu leidenschaftlichen Ausbrüchen. Ich bin unruhig. Ich bin neugierig. Ich bin wie ein Kind, sagt Robert.
07:42Und ich habe wenig Hemmung, das sag ich. Konkret. Ja. Konkret. Gehe ich gelegentlich mit einem Mann ins Bett. Oder auf die grüne Wiese.
08:07Ist seltsam, dass ich dir das eingestehe. Ja, ja. Hm. Ist seltsam. Da ein Mann so etwas ohne weiteres eingesteht.
08:20Das würde sogar sein Prestige aufpolieren. Poliert dieses Geständnis mein Prestige auf?
08:25Und ich verberge diesen Teil meines Lebens vor anderen Menschen, weil ich weiß, wie sie über Frauen wie mich urteilen.
08:33Und wie schlecht mein Mann dabei wegkommt.
08:43Aber es ist nicht so, dass ich bei Robert zu kurz komme.
08:48Robert arbeitet sehr schwer mit seinem Körper. Wenn er abends nach Hause kommt, da bin ich meistens schon da.
08:52Dann gehen wir zusammen ins Badezimmer. Das ist so ein großes Zimmer, das wir vor kurzem umfunktioniert haben.
08:58Nur es ist ne große Sache für uns, dieses herrliche Bad.
09:03Kommt vor, dass auch Sabine mit hinein will. Und wir lassen sie ja rein.
09:07Es kommt auch vor, dass wir Sabine wieder hinausschicken.
09:10Mit keinem anderen Mann war ich so frei wie mit Robert.
09:19Er hat mir noch nie etwas verweigert.
09:22Wir kennen unsere Bedürfnisse.
09:25Sexualität hat ja nicht nur mit Liebe zu tun, mit leicht, mit streicheln und lächeln.
09:41Sie hat ja auch etwas mit Gewalttätigkeit zu tun, mit primitiven Trieben.
09:48Und das ist das, was die meisten Menschen nicht sehen wollen.
09:52Das kommt ihnen unmenschlich vor.
09:55Was für ein Unsinn.
10:00Ich habe nicht zufällig diesen Arbeiter genommen.
10:03Ich will keinen Intellektuellen, der mit seinem Körper nichts anfängt.
10:07Ich hätte so einen haben können.
10:11Der war Chefingenieur.
10:13Als er scharf auf mich war, hat er zuerst ne halbe Stunde geduscht, sich mit Körperspray eingenebelt.
10:16Inzwischen war mir alles vergangen.
10:21Da sollte ich auch unter die Dusche.
10:23Vorher.
10:27Über das Laken halte ich fest.
10:31Hat er zwei Handtücher gelegt, damit das Laken nicht schlimmes Haar bekommt.
10:38Ich habe diese heilige Handlung einmal über mich ergehen lassen.
10:47Aus Neugier.
10:49Wie er beim zweiten Mal eine Woche später die gleiche Zeremonie startet, bin ich abgehauen.
10:52Das arme Mannsbild hat jetzt Komplexe. Der windet sich, wenn er mich sieht.
11:00Wenn er mich sieht.
11:13Du glaubst, du hast mich jetzt ertappt, ja?
11:15Warum trägt sie ihre Sexualität aus dem Haus, wenn es mit ihrem Mann so gut klappt, ja?
11:30Weiß ich nicht.
11:32Weiß ich wirklich nicht.
11:33Ich kann ja nicht sagen, warum ich nicht mit ihnen schlafen soll.
11:39Es ist doch so.
11:43Man trifft unentwegt Menschen. Und man ist doch nicht blind und taub.
11:47Ich hab gern direkten Kontakt zu Menschen, die ich mag.
11:49Auch zu Frauen.
11:54Frauenhaare, Frauenhaut.
11:56Sind was Fantastisches.
11:58Das geht bestimmt vielen Frauen so.
12:00Sie gestehen sich's nur nicht ein, weil ein Drall zum lesbischen gleichbedeutend mit seelisch krank sein ist.
12:05Ich sehe also gerne Frauen, die große Brüste haben.
12:08Die müssen nicht mal schön sein.
12:11Man geht mit so vielen Menschen in die Kantine, in die Kantine, in die Kantine.
12:19Spazieren.
12:21Setzt in Versammlungen zusammen.
12:24Lacht, streitet.
12:26Hundert Beschäftigungen, die man mit Anna tun kann, wenn man sich sympathisch findet.
12:32Gibt's einen einleuchtenden Grund, warum man ausgerechnet den Sex ausklammern soll?
12:39Weil unsere Großmütter das tun mussten, ja?
12:45Alles, was natürlich ist, ist gut für mich.
12:49Oh, das Bedürfnis nach Treue, das hab ich auch.
12:53Ich werde mit keinem anderen Mann leben.
12:56Keinem anderen Mann mein Innerstes anvertrauen.
13:03Das weiß ich genau.
13:07Viel genauer als manche Frauen, die sich einreden, mit keinem anderen beim Pennen zu können.
13:10Gibt's viele Gründe, warum die Frauen sich das einreden.
13:15Sie sind so erzogen worden.
13:18Da mag es wirklich Frauen geben, die können nur mit einem wunderbar.
13:24Und manche Frauen sind feige.
13:26Sind nicht bereit zum Risiko.
13:32Mach's mal nochmal an.
13:34Etwas fällt mir ein, das wirst du sonderbar finden.
13:37Wir schlucken jetzt alle diese grüne Pille zum Frühstück, die uns die Freiheit gebracht hat.
13:40Ich weiß genau, ich geh kein Risiko mehr ein, wenn ich mit einem Mann schlafe.
13:44Weißt du was?
13:46Wenn ich einen Mann liebe, will ich dieses Risiko eingehen.
13:53Weil der ganze Sex sonst auf die Dauer öde wird, da wird eben etwas Wichtiges ausgeklammert.
14:03Eine große Erschütterung.
14:05Man wird flach ohne dieses Risiko.
14:08Sex ist für mich ja nicht nur ein Spaß, sondern gelegentlich etwas Totales.
14:14Im Sex drücke ich meine ganze Persönlichkeit aus.
14:20Viel direkter als sonst wo.
14:22Ich bin keine Sexmaschine, ich bin eine Frau.
14:24Und es geht wunderbar, sobald der Mann das begriffen hat.
14:27Enthemmung ist hervorragend, aber es bleibt eine Leere,
14:35die schlimm sein kann, wenn das alles überhaupt nichts mehr mit Verantwortung zu tun hat.
14:45Eine gesunde Sexualität muss dem Menschen anerzogen werden.
14:50Wer denkt darüber danach?
14:52Ich bin der Auffassung, dass man alles lernen kann.
14:54Die Liebe wie den Sex.
14:56Kleine Kinder haben schon ihren Sex und den müssen wir erziehen, wie alles andere auch.
14:59Heute ist die Sabine 8, 3. Klasse.
15:01Da bekommt sie von ihrem Banknachbarn einen Brief, in dem wird angefragt, ob sie mit ihm ficken will.
15:05Sie fragt mich, was das ist. Ich erkläre es ihr.
15:07Sie kannte den Vorgang, nicht das Wort, das wir nicht verwenden.
15:10Und damit hat sich die Angelegenheit.
15:14Welche Erfahrungen machen die Kinder mit uns Erwachsenen?
15:20Und auf welche Weise werden Tabus erzeugt?
15:28Jetzt beenden wir das schöne Thema, ja?
15:30Mein Geheimnis ist eben, dass ich herausgefunden habe, was ich zum Leben brauche.
15:36Und ich brauche das Hinausgehen ebenso wie die Geborgenheit zu Hause.
15:44Und weil beides gut funktioniert, geht's immer gut.
15:50Das ist alles.
15:54Wie mein Mann sich dabei fühlt.
15:58Der Stärkere wird immer den Schwächeren beeinflussen.
16:13Oder der Aktive den Passiven.
16:16Wenn das mit Takt geschieht, wüsste ich nichts dagegen einzuwenden.
16:22Zum Beispiel, mein Mann ist ein enorm sinnlicher Typ, wie die meisten gesunden Männer.
16:28Hm?
16:29Aber Feingefühl für die Frau.
16:34Das hat er nicht gehabt.
16:37Das habe ich ihm anerziehen müssen.
16:39Ach, das ist ja grausam, was ich da von mir gebe.
16:44Bestimmte Dinge entwickeln sich eben.
16:49Was heißt Überlegenheit?
16:52Ich führe ja nicht gerade ein feines Leben durch meine sogenannte Überlegenheit.
16:59Ich bade ja alles alleine aus.
17:02Elternbeirat,
17:04betreue die Alten im Haus,
17:07Gewerkschaft, erledige die Wege zu den Ämtern.
17:10Das ist nicht die Arbeit, die einen schafft.
17:13Das ist die Verantwortung, die man alleine tragen muss.
17:16Ich gehöre nicht zu den Frauen, die ihr Leben lang gegen Windmühlen reiten.
17:21Ich habe früh begriffen, wie ich mit Robert zurechtkomme, was ich ändern kann und was nicht.
17:28Dieses Badezimmer zum Beispiel, das wir jetzt genießen, ist Roberts Werk.
17:32Warum soll ich das nicht würdigen?
17:39Ach, wir haben schon Streit.
17:42Es geht nicht immer friedlich zu.
17:46Robert sagt, ich explodiere wie eine Handgranate.
17:51Aber der Zündstoff ist schnell verbrannt, richtet wenig Unheil an.
17:57Danach hat sich nicht wesentlich was geändert.
18:00Die Stillen, wie mein Robert, die setzen sich mit Schweigen durch.
18:12So ist das.
18:14Wenn ich ehrlich sein soll, muss ich gestehen, dass ich gelegentlich enorm mutlos bin.
18:24Es gibt vieles, was ich verändern will.
18:29Was ich nicht so hinnehmen kann.
18:31Ich kann es nicht ändern.
18:34Nicht mit Robert, der so konservativ ist.
18:38Und wenn man Dinge, die für einen wichtig sind, absolut nicht ändern kann,
18:44dann wird man müde.
18:47Na, das kennst du ja, das ist im Kleinen so wie im Großen.
18:53Die Leute hauen auf die Pauke, dann geht ihnen die Puste aus.
18:57Das ist die normale Abnutzung, über die man sich nicht wundern darf.
19:01Was ich in unserem Betrieb tagtäglich erlebe, das lässt mich vor Ehrfurcht staunen, was Leute zustande bringen.
19:12Über wie für Reserven sie verfügen.
19:17Aber es stimmt mich traurig.
19:22Es macht mir Angst, wenn ich sehe, welch Schindluder da mitgetrieben wird.
19:28Man muss über Fehler sprechen.
19:31Man kann nicht eine Sache falsch machen und immer weiter falsch machen.
19:35Egal aus welchen Gründen.
19:36Und den Arbeitern einreden, das hätte alles seine Richtigkeit.
19:39Sie wären nur nicht imstande, die Zusammenhänge zu überschauen.
19:44Wenn jemand die Zusammenhänge nicht überschauen kann,
19:47dann kann er auch keine anständige Arbeit leisten.
19:50Da kann er auch nicht verantwortlich gemacht werden.
19:52Das begreift ein Kind.
19:53Aber unsere leitenden Kader sind so in dem Dreh drin,
19:59die haben die Kraft nicht, irgendwelche Konsequenzen zu ziehen.
20:03Oder ein Risiko einzugehen.
20:08Wenn ich wenigstens eine Hand vor richtiger Menschen gebe,
20:11wie zum Beispiel unseren Gewerkschaftsvorsitzenden.
20:13Ich sagte, ich wäre schon Friedhofsgärtner geworden.
20:15Oder ich hätte meinen Haufen Kinder angeschafft und mich auf meine Datsche verkrochen.
20:18Sieht diese Entwicklung denn keiner?
20:24Oder sieht man die falschen Schlussfolgerungen?
20:30Das muss man sich doch fragen.
20:34Das muss man sich doch fragen.
20:39Das Schlimme ist, dass man sich das nicht mehr fragt.
20:43Leute hören sich gerne reden,
20:45haben nichts Neues zu sagen,
20:47nur Phrasen, die ihnen aus dem Maul sprudeln, während das Hirn schlummert.
20:51Andererseits erleben wir täglich schlimme Dinge,
20:53die einem Angst machen müssten,
20:55die aber so gut wie keiner beachtet.
20:57Da kommt auf einmal was hoch, was man für bewältigt gehalten hat.
21:03Diese Voreingenommenheit, diese Gedankenlosigkeit und Dummheit.
21:15Wir haben ja keine Vergangenheit zu bewältigen, nicht?
21:17Wir haben ja mit der Gründung unseres Staates automatisch den Faschismus ausgerottet
21:21und die ganze deutsche Misere.
21:22Gestern in der Kantine.
21:28Irgendeiner ruft sowas wie du, die und die fährt nach Ravensbrück.
21:31Oh, ruft eine Frau erfreut, da gehört sie auch hin.
21:39Niemand hat sich was Schlimmes gedacht.
21:44Niemand hat was gesagt, ich auch nicht.
21:47Ich friere ein, wenn ich sowas höre.
21:48Ich denk an meinen Vater und sag mir,
21:53ihn hat's betroffen.
21:55Und mich betrifft's auch noch ein wenig.
21:58Und dann wird eines Tages auch unsere Generation ausgestorben sein,
22:03und wer wird sich dann noch erinnern?
22:05Wer?
22:06Fängt die Menschheit dann mit ihren Fehlern wieder von vorne an?
22:19Über das alles kann ich mit Robert sprechen.
22:21Er reagiert gefühlsmäßig aus Sympathie zu meinem Vater, aber
22:27es beunruhigt ihn nicht.
22:29Er findet mich ein bisschen überdreht.
22:32Für ihn ist unsere Gesellschaft ganz in Ordnung, weil alle zu essen haben.
22:35Weil wir persönlich weiterkommen und uns mit Sachen eindecken.
22:41Auto, Kühlschrank, Badezimmer, Dartsche, Waschautomaten, die unsere Gewässer ruinieren und Wasser vergolden.
22:54Unser familiäres Klima, das wiegt alles andere auf.
23:03Man muss lernen, die kleinen Veränderungen beim anderen wahrzunehmen.
23:09Und man muss sich vor allem selber ändern.
23:12Ohne Liebe bleiben diese ganzen Emanzipationsversuche im Krampf.
23:16Was nützt es den Frauen, wenn sie sich gegen ihre Partner emanzipieren?
23:20Ich glaube, man kann nur von Kompromiss zu Kompromiss gehen.
23:25Wenn man aus einer Bindung aussteigt, dann fängt man bei einer neuen wieder von vorne an.
23:28Man läuft ja nicht vor sich selber davon.
23:31Eine kluge Frau hat gesagt, wir sollten uns auf die alten humanistischen Ideale besinnen.
23:40Nachgeben, gütig sein, dienen.
23:45Sie sind in schlechten Ruf gekommen im Zeitalter der Emanzipation.
23:53Man müsste aufpassen und unbeirrbar tun, was man für richtig erkannt hat.
24:00Ich bin Sekretärin, schön und gut, aber ich bin auch ich.
24:13Ich bin Rosa.
24:15Und dass in mir noch eine Menge drinsteckt, dass ich nicht ausschöpfen kann.
24:20Das spüre ich.
24:22Und das macht mir Mut zum Weitermachen.
24:27Die Sekretärin ist purer Zufall.
24:30Es gibt Schöneres als Handlanger für ehrgeizige Männer zu sein.
24:33Jetzt haben sie meinen Chef vor die Nase gesetzt.
24:38Der ist unfähig zur kleinsten Entscheidung.
24:43Theoretiker, frisch von der Hochschule, voller Rosinen.
24:49Mich nimmt doch nicht ernst, weil ich so blöde praktisch bin.
24:53Mich auf Erfahrung verlasse.
24:54Männer haben eben einen weitreichenden Verstand und Frauen sind für die praktischen Dinge zuständig.
25:06Da scheut jede Konsequenz.
25:10Konsequent sein, das war doch eine der stolzesten männlichen Eigenschaften, nicht?
25:18Die Mütter sind weich, nachgeblich, ein bisschen dumm.
25:22Die Väter sind konsequent, hart und klug, ne?
25:31Ich bin also ein Mann, dem nur das Stückchen Schwanz fehlt.
25:36Oder?
25:39Oder ich lebe in einer Gesellschaft, in der man sich schon andere Charaktereigenschaften zulegen darf.
25:45Ach ja, unser sozialistischer Konformismus.
26:02Wie soll eine Gesellschaft weiterkommen, die nicht mehr verändern will?
26:07Risiken scheut?
26:08Dann hätten wir doch den lieben Gott und die Dogmen unserer Großeltern übernehmen können.
26:13Zweifeln, Forschen, Fragen.
26:18Das sind alles Dinge, die uns abhanden gekommen sind.
26:22Schon bei der einfachsten menschlichen Beziehung hapert's.
26:26Wenn einer Kummer hat.
26:30Wenn es bei ihm ans Sterben geht.
26:33Wenn einer Krebs hat.
26:38Und wenn er Pole ist.
26:40Ich weiß, was ich sage.
26:42Wenn einer irgendwie aus der Norm heraustanzt.
26:48Da versagen wir.
26:52Wie kommt dieses feige Verhalten?
26:56Wieso sind wir so schlecht aufs Leben vorbereitet?
27:01Was lernen wir eigentlich in den Schulen?
27:04Das sind doch Fragen nicht.
27:06Und denkst du, bei den gebildeten Leuten ist das anders?
27:11Man geht natürlich zu den Parteiversammlungen und man lässt keine falschen Diskussionen aufkommen.
27:17So wie die Eltern früher in die Kirche gegangen sind und keine Fragen über Gott zu ließen.
27:24Und wenn du so ein bisschen an der roten Farbe kratzt, kommt der ganze alte Mist hervor.
27:31Eine Tapete nach der anderen. Zurück bis zu Kaiserszeiten.
27:35Meine Mutter wohnt heute noch in dem Haus, in dem ich aufgewachsen bin.
27:43Dort hat man mir vor klein auf beigebracht.
27:47Wie Menschen einander beistehen können, nicht nur mit Salz und Mehl.
27:52Im Krieg haben die Freundin Luftschutzwort entlassen, weil er sie bespitzelt hat.
27:56Und nichts ist ihnen geschehen, weil so viele waren.
27:59Die Kinder haben in der Bombenzeit in den Kellern gelebt.
28:02Das wäre überhaupt nicht möglich gewesen, ohne dass wir schweren Schaden genommen hätten,
28:09wenn dieser hervorragende Zusammenhalt unter den Frauen und den alten Männern nicht gewesen wäre.
28:16Heute finde ich es wunderbar, wenn ich in dieses Haus komme.
28:20Die alten Frauen ihren Kopf zum Fenster rausstecken und über den Hof rufen, die Rosi ist wieder da.
28:26Darf man denn auch du zu dir sagen, Rosi?
28:32Scharpone des Emilismus
29:00Untertitelung des ZDF
29:02Vielen Dank.