Erneut haben Tausende Türk:innen gegen die Festnahme des Oppositionspolitikers İmamoğlu protestiert. Dessen Partei CHP rief zu landesweiten Demonstrationen auf. Die Polizei ging mit Gummigeschossen und Tränengas gegen die Menschen vor.
Mehr dazu: https://www.tagesschau.de/ausland/asien/imamoglu-tuerkei-proteste-102.html
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NewsTranskript
00:00Und jetzt blicken wir ganz ausführlich in die Türkei, denn dort hat die Festnahme des Erdogan-Rivalen Imamoglu immer noch große Auswirkungen.
00:08An mehreren Orten gab es wieder Massenproteste für Imamoglu und gegen das Vorgehen der Regierung.
00:14Wie hier in Istanbul gingen zwei Tage nach der Festnahme des Oppositionspolitikers Imamoglu erneut tausende Menschen auf die Straße.
00:22Auch in anderen Städten wurde demonstriert. Imamoglu galt als aussichtsreicher Rivale von Präsident Erdogan.
00:27Seine Festnahme wurde begründet mit Terror und Korruptionsvorwürfen. Oppositionelle werfen dagegen der Regierung einen Putsch vor.
00:36Und wir schalten zu meinem Kollegen Markus Rosch in Istanbul. Markus, wie ist denn im Moment der aktuelle Stand? Wurde Imamoglu schon vernommen?
00:45Also Ekrem Imamoglu sitzt seit Mittwoch in der Früh im Gefängnis auf einer Polizeistation, auf einem Polizeipräsidium.
00:53Und er darf dort 96 Stunden festgehalten werden, sprich bis Sonntag am Morgen.
01:00Mit ihm sitzen noch 88 seiner Anhänger. Heute wurde auch noch einer verhaftet und die werden jetzt nach und nach verhört.
01:07Was wir hören ist, dass Ekrem Imamoglu als letzter verhört wird. Also er wird maximal lange in dieser Haft oder in diesem Gewahrsam, wie man sagt, bleiben.
01:17Und dann wird sich am Sonntag entscheiden, ob er freikommt oder ob ein Haftbefehl gegen ihn entlassen wird.
01:23Ist denn mit einem Haftbefehl Sonntag zu rechnen?
01:27Das ist schwierig abzuschätzen. Also viele Beobachter gehen davon aus, weil man kann ihn nicht einfach freilassen. Dazu ist zu viel geschehen.
01:36Und am Sonntag finden ja auch die innerparteilichen Wahlen für das Präsidentenamt statt. Also für der Kandidatin der CHP wird ernannt.
01:44In allen 81 Provinzen wird gewählt. Das Spannende dabei ist, dass nicht nur die CHP-Anhänger ihr Kreuz auf dem Wahlzettel machen.
01:54Es gibt also nur einen Kandidaten, nur Imamoglu. Sondern die CHP hat auch unten aufgestellt, dass jeder türkische Staatsbürger abstimmen kann.
02:03Man will es also zu einem Votum für den Kandidaten machen. Das könnte äußerst spannend werden.
02:09Und es ist auch spannend, ob denn die Regierung diese Vorwahlen verbietet. Das kann sie. Also der Sonntag könnte sehr, sehr spannend werden.
02:21Ist denn dann mit Unterstützung aus dem Volk auch zu rechnen?
02:25Also was wir sehen, es gibt ein Versammlungs- und Protestverbot hier in Istanbul. Das wird aber gebrochen.
02:32Zum Beispiel heute haben wieder Studenten für den Nachmittag zu einer großen Demonstration aufgerufen.
02:39Das sind aber immer nur ein paar Tausend. Auch in anderen Städten wird protestiert. Aber es ist jetzt keine Massenbewegung.
02:46Weil die Menschen Angst haben. Sie haben Angst vor diesem Polizeistaat, wie man ihn ja fast nennen muss.
02:51Die Polizei fährt Wasserwerfer auf, kommt mit schweren Autos, mit Schildern, mit Tränengas.
02:59Also es ist auch gefährlich auf die Straße zu gehen. Also es ist keine Massenprotestbewegung.
03:04Aber die Leute sind schon zornig, was geschehen ist. Und wie das in den nächsten Tagen weitergehen wird, das wird wirklich sehr spannend sein.
03:12Es soll vor allem hier in Istanbul trotz des Verbotes weiterhin Demonstrationen für die Freilassung von Imamoglu geben.
03:19Und nicht nur Demonstrationsverbot, sondern auch soziale Netzwerke sind ja in der Türkei offenbar weiterhin langsam und teils nicht abrufbar.
03:25Wie erlebst du denn die 16 Millionen Metropole im Moment?
03:30Also ich bin heute früh, ganz früh durch die Stadt gegangen. Die großen U-Bahn-Stationen, die Metro-Stationen sind abgesperrt.
03:38Man hat offenbar Angst, dass Demonstranten vor allem auf den großen Taxiplatz fahren. Deshalb kann man da quasi nicht raus und nicht reingehen.
03:46Es herrscht schon eine eigenartige Stimmung. Das Internet ist manchmal sehr langsam. Die sozialen Medien werden kontrolliert.
03:52Und gestern wurden auch die sehr, sehr wenigen nicht regierungsfreundlichen Medien zu Geldstrafen verurteilt.
04:02Manche dürfen sogar partiell nicht erscheinen. Also der Druck der Regierung ist sehr groß. Das merken die Menschen auch.
04:13Also es herrscht eine etwas eigenartige Stimmung zwischen Zorn und Resignation.
04:19Dann lass uns noch auf einen anderen spannenden Aspekt schauen. Seit über 40 Jahren herrscht ja ein blutiger Konflikt zwischen dem türkischen Staat und der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK.
04:30Seit ein paar Wochen gibt es aber neue Friedensgespräche. Jetzt wird Imamoglu vorgeworfen, die PKK unterstützt zu haben.
04:37Wie könnte sich also seine Festnahme auf diesen Friedensprozess auswirken?
04:42Auch das ist schwierig zu beurteilen. Es gibt in der Türkei einen Standardvorwurf gegen Oppositionelle.
04:48Das ist die Terrorunterstützung, da meint man meistens die verbotene PKK.
04:52Dieser Vorwurf wird auch gegen Imamoglu erhoben, vor allem weil er mit der pro-kurdischen Dem-Partei in Istanbul zusammenarbeitet.
05:02Da sind auch mehrere Bezirksbürgermeister verhaftet worden.
05:04Aber diese Dem-Partei ist eigentlich eine demokratische Partei, sie darf also bei den Wahlen antreten, auch bei den letzten.
05:11Da kann man also schwer einen Terrorvorwurf konstruieren, macht es aber.
05:15Und ob es sich jetzt auf den Friedensprozess, auf den sogenannten Friedensprozess auswirkt, ist schwierig zu beurteilen.
05:22Klar ist, Präsident Erdogan will ja Präsident bleiben. Er stebt eine neue Wahl an, entweder durch eine Verfassungsänderung oder durch eine frühzeitige Wahl.
05:31Dazu braucht er die Unterstützung nicht nur der pro-kurdischen Partei Dem, sondern auch Teilen von der CAP.
05:38Das ist seine Strategie. Deshalb unter diesem Aspekt kann man auch diese sogenannten Friedensgespräche sehen.
05:44Er braucht Unterstützung. Wie sich jetzt die Verhaftung von Imamoglu auswirkt, ist unklar. Das werden auch die nächsten Tage zeigen.
05:53Wir werden auf jeden Fall dranbleiben. Dankeschön, Markus Rösch nach Istanbul.
05:58Danke.
06:01Danke.