• anteayer
Eine Perle der deutschen Innovationskunst: die Litfaßsäule. Seit über hundert Jahren trägt sie tapfer die Plakate von Musikstars, Monstertruck-Shows oder Parteien. Aber die Grand Dame des Marketings hat ein typisch deutsches Problem: die Digitalisierung. Unser Wahlkampf findet inzwischen auch im Internet statt. Und da gibt es keine deutsche Infrastruktur, also verlassen sich die Parteien auf die Social-Media-Plattformen aus den USA oder China. Für die Parteien ist das super, hier können sie personalisierte Wahlwerbung – mit Microtargeting – schalten, anstatt darauf zu hoffen, dass irgendwelche Menschen das halbzerissene Wahlplakat an der Litfaßsäule sehen. Win-win für die Parteien und Plattformen, aber auch für die Wähler*innen?

Mehr Informationen:

Zu unserer Sendung von 2021 zum Thema:
Die schmutzigen Facebook-Tricks der Parteien
https://zdfmagaz.in/microtargeting

zdfheute: So läuft der Online-Wahlkampf der Parteien
https://zdfmagaz.in/zdfheuteOnlineWahlkampf

LMU.de: Wie der Meta-Algorithmus Wahlwerbung beeinflusst https://zdfmagaz.in/LMUMetaAlgorithmus

FAZ.net: Musk katapultiert die AfD nach vorn
https://zdfmagaz.in/FAZMuskAfD

dsgvo-gesetz.de: Art. 9 DSGVO Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten
https://zdfmagaz.in/DSGVOArt9

noyb.de: Politisches Microtargeting auf Facebook: Ein Wahlversprechen nur für dich!
https://zdfmagaz.in/noybmicrotargetingFB

netzpolitik.org: Parteien wollen weiter zielgerichtete Social-Media-Werbung schalten
https://zdfmagaz.in/netzpolitikMicrotargeting


Neben Microtargeting verwenden viele Parteien auch KI-generierte Posts im digitalen Wahlkampf:

CampAIgn-Tracker: Erkennen von KI-generierten Posts im digitalen Wahlkampf https://zdfmagaz.in/campaigntracker

Das ZDF Magazin Royale – jeden Freitag ab 20 Uhr auf https://zdfmagaz.in/mediathek und um 23 Uhr im ZDF.

Instagram: https://zdfmagaz.in/insta
Threads: https://zdfmagaz.in/threads
Giphy: https://zdfmagaz.in/giphy
Mastodon: https://zdfmagaz.in/mastodon
Bluesky: https://zdfmagaz.in/bsky

Categoría

😹
Diversión
Transcripción
00:00Meine Damen und Herren und alle dazwischen und außerhalb, es ist spät am Freitagabend,
00:03der Wein ist offen, die Zunge sitzt locker. Haben sie Lust auf Geschlechtsverkehr?
00:08Na? Dann verderbe ich ihnen die jetzt.
00:30Wahlkampf im Internet. Ich bin so froh, wenn es am Sonntag endlich, endlich vorbei ist.
00:47Ich bin so froh, so froh, wenn es vorbei ist. Sie sind genervt, wir sind genervt, ich bin
00:52mega genervt. Aber ey, Wahlkampf im Internet ist für uns beim ZDF Magazin Royale besonders
00:57anstrengend, extrem anstrengend, denn wir müssen uns auch noch professionell mit der
01:01Wahl beschäftigen, damit wir ihnen zu Hause vor den Empfangsgeräten erstklassige, seriöse
01:06Politikanalysen bieten können, jeden Freitag. Zum Glück, kann ich da nur sagen, sind wir
01:10nicht die Einzigen.
01:11Deutschland soll das Ziel verwerfen, klimaneutral zu werden. Ich stimme mich nicht zu, die sollen
01:16natürlich klimaneutral werden, aber nicht in diesem Ausmaß, wie sie das gemacht haben.
01:23Man muss halt alles die Mitte finden.
01:25Genau, man muss halt alles die Mitte finden, hat schon Hegel gesagt, genau. Und darum gilt
01:30bei uns im ZDF Magazin Royale besonders im Wahlkampf, wir müssen ein Auge werfen auf
01:35die Reichen und vor allen Dingen die Mächtigen.
01:37Das orange Auge von Ehrenfeld sieht alles.
01:44Das orange Auge von Ehrenfeld hat zwar immer leicht geweitete Pupillen und keiner weiß
01:49warum, aber es schläft nie. Wir schauen ganz genau hin im Wahlkampf im Internet, haben
01:54wir im letzten Bundestagswahlkampf auch gemacht. 2021, hier.
01:57Liebe Politikerinnen, liebe Politiker, liebe Parteien, liebe unseriösen Schmierlappen bei
02:02Facebook, übermorgen ist Bundestagswahl und wir haben euch gerade noch rechtzeitig erwischt.
02:07Haha.
02:082021, was wir da noch für Klamotten an hatten, oder Bart?
02:11Peinlich.
02:12Absolut peinlich. 2021 haben wir beobachtet, wie Facebook unsere Daten sammelt, uns ausspäht
02:23und uns dann in extrem spezifische Werbezielgruppen einsortiert. Im Internet, auch in politische
02:28Werbezielgruppen und wie deutsche Parteien im Wahlkampf dann diese Facebook-Werbezielgruppen
02:33nutzen, um uns Wählerinnen und Wähler gezielt anzusprechen und uns genau das zu versprechen,
02:40was wir hören wollen. Microtargeting nennt man das. Microtargeting. Das ist eine ganz
02:45normale Werbetechnik im Internet. Erstmal grundsätzlich nicht verboten. Ich werde zum
02:49Beispiel seit Tagen in meiner Insta-Timeline mies gemicrotargeted mit Werbung für aufblasbare
02:55Kajaks. Wirklich. Aufblasbare Kajaks. Überall. Den ganzen Tag. Nur weil ich 40 Mal dieses
03:02eine Video geguckt habe, wo der Wahl den Paddler wegsnackt. Haben Sie das auch gesehen?
03:07Adrian Simankes was out kajaking with his dad off the coast of Chile on Saturday, when
03:12the whale engulfed him and his boat.
03:15Ja. Werden wir nicht gerade alle irgendwie verschluckt von den Wahlen?
03:24Weil ich dieses Video geguckt habe, wird mir bei Insta jetzt andauernd Werbung für Uber Eats
03:28angezeigt mit leckeren Kajakfahrern in deiner Nähe. Meta hat mich also offenkundig in die
03:34Targets, in die Zielgruppen Maritime Delikatessen, Surf and Turf und Frutti di Mare eingeordnet.
03:40Das ist zwar alles nervig beim Scrollen und so, aber in dieser Form natürlich völlig
03:44legal. Aber unsere Demokratie, ich sag's mal philosophisch, mein lieber Markus, unsere
03:50Demokratie ist doch kein aufblasbares Kajak. Und wir als Gesellschaft, mein lieber Markus,
03:58es gibt doch auch kein hungriger Wahl. Allenfalls ein geiler Hecht.
04:05Bei einer Bundestagswahl, da sollen wir ja nicht irgendwas kaufen. Das geht ja nicht
04:09um Unternehmen oder sowas, die werben, sondern es geht um Politik, nicht um Kommerz. Die
04:13SPD ist ja nicht Uber Eats und die CDU ist nicht Lieferando. Volt ist nicht Volt. Wenn
04:18aber Parteien jetzt im Wahlkampf anfangen, im Internet mit Microtargeting Werbung an
04:23einzelne spezifische Zielgruppen auszuspielen, als wären sie Unternehmen, dann wird es
04:28gefährlich. Microtargeting ist demokratietheoretisch problematisch, weil die Parteien immer Menschen
04:34aus ihrer Kommunikation ausschließen und sie hier ihre Kommunikationsmacht an undurchsichtige
04:41Algorithmen und Plattformen abgeben. Eigentlich sollten Parteien im Wahlkampf allen Wählerinnen
04:47und Wählern offen erzählen, was sie politisch zu vorhaben. Und zwar allen das Gleiche.
04:51Eine Bundestagswahl ist ja eine allgemeine und gleiche Wahl. Alle sollen die gleichen
04:56Infos haben. Stattdessen geben die Parteien aber ihre Kommunikationsmacht im Internet
05:02ab an undurchsichtige neue Akteure. Hm, wer oder was könnten diese Akteure denn sein?
05:08Wer könnte damit gemeint sein? Hm, an wen verschieben wir gerade, ohne es zu merken,
05:15die Macht über unsere Demokratie? Und was haben diese Akteure vor mit unserer Demokratie?
05:22Hey, hey! Warum so schüchtern? Gerade als es interessant wurde, wieder weg. Komisch.
05:28Microtargeting ist ein Problem für unsere Demokratie und kann illegal sein.
05:34Artikel 9 Datenschutzgrundverordnung. Die Verarbeitung personenbezogener Daten,
05:40aus denen die rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder weltanschauliche
05:44Überzeugungen oder die Gewerkschaftszugehörigkeit hervorgehen, ist untersagt.
05:48Ja, wenn Parteien im Wahlkampf zu persönliche Daten von uns benutzen, ist Microtargeting verboten.
05:55Hier, DSGVO. Liebe RTL-Zuschauer, DSGVO heißt Datenschutzgrundverordnung und nicht
06:01Deutschland sucht Geschlechtsverkehrsorte. Wobei, falls Sie auf der Suche sind nach
06:07Geschlechtsverkehrsorten, kein Problem. Hier die zehn besten.
06:11Bett.
06:13Bett von Oma und Opa.
06:16Lidl-Lehrgutlager.
06:18Biberach an der Riss.
06:21Die Sailways-Autobahn-Raststätte Kuk-Siepen an der A1.
06:24Der Ikea-Stuhl Tosberg.
06:27Friedhofshalle Morsbach.
06:29Überall dort, wo Jan Böhmermann nicht ist.
06:33Hannover.
06:35Die FKK-Schaum-Gangbang-Party im Swinger-Club-Quickie-Rhein-Neckar in Weinheim.
06:40Wir sehen uns am 15. April, liebe Schaum-Family.
06:43Deutschland sucht Geschlechtsverkehrsorte. Ganz ehrlich, ehrlich gesagt,
06:47Geschlechtsverkehr, wo, ist mir egal. Hauptsache, alle sind ready for Rock'n'Roll.
06:50Wir sind ready for Rock'n'Roll.
06:52Rock'n'Roll.
07:11DSGVO.
07:14DSGVO-Datenschutz-Grundverordnung.
07:17Die sagt, grundsätzlich ist es verboten, Daten zu verarbeiten,
07:20aus denen man eine politische Meinung ableiten kann.
07:23Politisches Microtargeting ist also in vielen Fällen verboten.
07:272021 im Bundestagswahlkampf hatte zum Beispiel die CDU bei Facebook diese Werbung geschaltet.
07:32Bitte lesen Sie das jetzt nicht, der Inhalt ist total egal, dieser Werbeanzeige.
07:36Spannend ist die Zielgruppe, die die CDU mit dieser Werbung im Internet erreichen wollte.
07:42Sozialdemokratische Partei Deutschland, SPD.
07:45Wenn die CDU also Leute targetet, die sich für SPD interessieren,
07:49spricht sie offensichtlich Menschen an mit einer bestimmten politischen Meinung.
07:53Und das ist eigentlich nicht erlaubt.
07:55Aus der Benennung einer politischen Partei oder Organisation als Interessenkriterium
08:01lässt sich in aller Regel mühelos ableiten,
08:03dass es dem Verantwortlichen auf die politische Meinung der UserInnen ankommt.
08:06Sagt die zuständige Berliner Datenschutzbeauftragte.
08:09Mühelos abgeleitet.
08:10CDU, SPD, Grüne, Linke und AfD haben aber genauso im Wahlkampf 2021 im Internet geworben.
08:17Mit wahrscheinlich nicht erlaubtem Micro-Targeting.
08:21Illegal, haben wir rausgefunden.
08:23Tja, nicht vergessen.
08:24Das orangene Auge von Ersten sieht alles.
08:30Hahaha, wir sehen alles.
08:33Auch mutmaßlich illegale Wahlwerbung.
08:36Bis zu 20 Millionen Euro Bußgeld könnten die Parteien dafür aufgebrummt bekommen
08:41von der Berliner Datenschutzbeauftragten.
08:43Und was hat die entschieden?
08:45Die Prüfverfahren laufen. Kein Verfahren ist abgeschlossen.
08:48Achso, es wird noch geprüft.
08:50Naja, die letzte Bundestagswahl ist ja auch erst dreieinhalb Jahre her.
08:54Schauen wir also mal lieber in die Gegenwart und drängeln nicht so,
08:59das braucht ja alles seine Zeit.
09:00Bauen denn die Parteien im aktuellen Wahlkampf schon wieder Scheiß im Internet?
09:04Wir haben uns zehntausende Wahlwerbungen aus dem Netz reingezogen,
09:08vor allem auf Facebook und Instagram.
09:10Wir hatten einen riesigen Topf Datengulasch.
09:13Viele von Ihnen haben gespendet.
09:15Vielen lieben Dank uns und unseren Freundinnen von WhoTargetsMe.
09:19Ihre Daten haben uns sehr geholfen bei der Recherche.
09:21Ganz, ganz vielen Dank.
09:22Und ein paar Daten sind auch noch bei Meta vom Laster gefallen.
09:25Knickknack, schauen wir mal rein, was wir da haben.
09:28Oha, so viele, so viele Daten, so viele Daten.
09:34So viele spannende Daten konnten wir auswerten.
09:38Schauen wir doch mal rein.
09:40Hier vielleicht ein bisschen was Leichtes zum Reinkommen.
09:43Wir haben rausgefunden, die Jugendorganisationen, der FDP, die jungen Liberalen
09:49wollten im Online-Wahlkampf mit ihrer Werbung Menschen erreichen,
09:52die sich unter anderem interessieren für Galileo und Flying Uwe.
09:58Wer ist das denn nochmal, liebe jungen Liberalen?
10:01Ey, stopp, hör mal auf zu scrollen, macht doch eh die ganze Zeit keinen Sinn.
10:03Ich hab eine Frage an dich.
10:04Bist du ein Macher oder nur ein Echo?
10:08Na, Flying Uwe fliegt ja gar nicht.
10:11Der versucht einfach nur in Jogginghose über eine imaginäre 5%-Höhle zu hüpfen.
10:18Wer das geil findet, gehört in diesem Wahlkampf auf jeden Fall zur Online-Werbezielgruppe
10:22der jungen Liberalen.
10:24Auf unserer Anfrage haben sie uns geschrieben,
10:26sie wollen eben die jungen Leute erreichen in ihrem Alltag.
10:29Flying Uwe ist auch kein Problem, ist ja keine politische Werbezielgruppe.
10:32Alles kein Problem mit der Datenschutz-Grundverordnung, DSGVO, ist es alles erlaubt.
10:37Aber buddeln wir mal ein kleines bisschen tiefer.
10:41Was, meine Damen und Herren, und alle dazwischen und außerhalb, erinnern Sie sich noch,
10:44was war der sozialdemokratische Wahlkampf-Hit bei dieser Bundestagswahl?
10:48Na, richtig, Ausländer raus, was sonst?
10:52Und was die Abschiebung betrifft, haben wir eine Steigerung von 70%.
10:55Wir müssen mit den Rückführungen, mit den Abschiebungen weiter vorankommen.
10:59Ein ganzer Abschiebeflug hat stattgefunden, wir werden weitere durchführen.
11:03Wir haben die Abschiebung um 70% gesteigert.
11:05Wir haben ja einen Abschiebeflug nach Afghanistan organisiert.
11:08Die klare Aussage ist, wir können bestimmte Zurückweise machen, die haben wir durchgeführt.
11:12Genau, Abschieben, Migration, das war das wichtigste Thema auch bei der SPD.
11:17Wer abschiebt, löst alle unsere Probleme.
11:20Der Abschiebe-Kanzler Olaf Scholz.
11:22Blöd ist nur, es gibt ja vielleicht Menschen in Deutschland,
11:25bei denen kommt so eine Ausländer-Raus-Erzählung vielleicht nicht ganz so gut an.
11:30Fast 30% aller Menschen in Deutschland haben nämlich eine Migrationsgeschichte.
11:34Aber von denen will die SPD natürlich trotzdem gewählt werden.
11:38Und da könnte Microtargeting im Wahlkampf helfen.
11:43Die Message ist, Ausländer raus, aber ihr nicht, weil ihr seid gute Ausländer, denn ihr dürft wählen.
11:49Wie könnte die SPD eine solche komplexe politische Botschaft
11:53möglichst effektiv an die richtigen Wählerinnen und Wähler bringen?
11:57Hm? Microtargeting.
12:00Der SPD-Bundestagsabgeordnete Majid Karametoglu hat im Januar bei Facebook und Instagram
12:06potenzielle Wählerinnen und Wähler in seinem Bundesland Baden-Württemberg angesprochen,
12:09mit Werbeanzeigen für Menschen in den Zielgruppen
12:12türkische Küche, Türkei Ort, türkisch, türkische Fußballnationalmannschaft,
12:17türkische Radio- und Fernsehanstalt und die ungewöhnlich spezifische Zielgruppe
12:21Menschen in der Türkei, die mittel- und hochpreisige Produkte bevorzugen.
12:25Und an diese Zielgruppen wurde dann eine Wahlwerbung ausgespielt,
12:31aber nicht von dem Abschiebekanzler Olaf Scholz, sondern von dem Einwanderungskanzler Olaf Scholz.
12:36Liebe Freundinnen und Freunde, der SPD und mir ist es ein wichtiges Anliegen,
12:40die Interessen aller Wählerinnen und Wähler zu vertreten, auch derjenigen mit türkischen Wurzeln.
12:46Deutschland ist ein Einwanderungsland.
12:48Jede und jeder Vierte von uns hat eine Einwanderungsgeschichte, 25 Millionen Frauen, Männer und Kinder.
12:54Und ich finde, wer hier dauerhaft wohnt und arbeitet, wer gut integriert ist und unsere Sprache spricht,
12:59der gehört zu unserem Land und soll in unserer Demokratie mitbestimmen können.
13:03Ja, Deutschland ist ein Einwanderungsland, also zumindest für die Menschen in diesen Werbezielgruppen.
13:09Kleiner Reminder, DSGVO, Artikel 9, man darf keine Daten verarbeiten,
13:14aus denen die ethnische Herkunft von Menschen hervorgeht.
13:17Aber türkisch, türkisch, türkisch, türkisch, das waren die Zielgruppen.
13:20Hat die SPD da verbotenerweise eine spezifische ethnische Gruppe von Wählerinnen und Wählern angesprochen,
13:26mit ihrer Wahlwerbung im Internet?
13:29Nein! Keine Sorge, keine Sorge.
13:31Maciej Karametolo schreibt auf unsere Anfrage.
13:34Ich möchte keine ethnische Zugehörigkeitsgruppe erreichen,
13:37sondern die Breite der türkei-stämmigen Menschen in Deutschland.
13:40Hmm, da kennt wohl jemand die DSGVO ganz genau.
13:45Und auch die SPD-Bundespartei sagt uns, nein, nein, das ist alles DSGVO-konform
13:49und kein Microtargeting.
13:52Und jetzt wird's spicy, weil wir vom ZDF-Magazin Royale, wir glauben,
13:56die Parteien könnten in diesem Bundestagswahlkampf einen kleinen Workaround benutzt haben.
14:01Ein Schlupfloch, dass sie sozusagen sich an die DSGVO halten,
14:05aber dabei die DSGVO ausdribbeln.
14:08Die Parteien stehen 2025 in Sachen Microtargeting nämlich hüfttief im Graubereich.
14:15Wie ich am 15. April in Weinheim im Schaum.
14:19Wahlwerbung im Internet ist nicht mehr so plump und illegal wie 2021.
14:27Wir glauben, die Parteien arbeiten aktiv um die Datenschutz-Grundverordnung DSGVO herum.
14:33Wir haben gelernt. Lessons learned, kann man an dieser Stelle sagen.
14:39Ja, man kann an dieser Stelle aber auch sagen abracadabra, abraunana.
14:43Klaus Herrmann, AfD-Bundestagskandidat,
14:46dieser little Mr. Sunshine lässt diese Wahlwerbung im Internet ausspielen.
14:51Brauchen Sie auch wieder nicht genau durchzulesen, denn wieder sind nur die Zielgruppen interessant.
14:55Diese AfD-Werbung geht unter anderem an die Zielgruppen Rotwein, Wiener Schnitzel,
15:01Wurst, Dieter Nuhr und Schweinefleisch.
15:04Es ist kein Witz. Das ist kein Witz.
15:08Mit solchen Werbezielgruppen erreicht Klaus Herrmann vielleicht die RBB-Intendanz,
15:12den Verdauungstrakt von Clemens Tönnies und möglicherweise auch den Kühlschrank von Wolfgang Kubicki.
15:18Aber hier, Schweinefleisch, Schweinefleisch.
15:20Damit erreicht er wahrscheinlich eher weniger jüdische und muslimische Wählerinnen und Wähler.
15:25Das Microtargeting von AfD-Kandidat Klaus Herrmann schließt also indirekt Menschen
15:30mit bestimmten religiösen Überzeugungen von seiner Wahlwerbung aus.
15:34Auf unsere Fragen hat der AfD-Bundestagskandidat Klaus Herrmann uns das hier geantwortet.
15:43Er hat uns nicht geantwortet.
15:46Was aber viel wichtiger ist, ja, Sie haben richtig gehört.
15:50Ich habe soeben Bundestags-Vizepräsident Wolfgang Kubicki öffentlich unterstellt,
15:54im ZDF, dass er seinen Rotwein im Kühlschrank lagert.
15:58Normalerweise würde ich jetzt auf meiner Terrasse sitzen und wahrscheinlich ein Gläschen Wein zu mir nehmen.
16:04Ist ja schon nach zwölf, dann darf man das schon tun.
16:06Wir haben Wein dabei, Herr Kubicki.
16:08Wein dabei.
16:10Ein Bild haben wir immer Wein dabei, Herr Kubicki.
16:13Anders ertragen wir das nämlich überhaupt nicht hier im Springer Verlag.
16:20Juristischer Grauburgunder-Bereich.
16:22Hashtag der Woche Grauburgunder-Bereich.
16:24Es ist alles ein riesiger Grauburgunder-Bereich.
16:27Genau wie beim Wahlkampf im Internet.
16:29Hier zum Beispiel das Target feministische Philosophie.
16:32Feministische Philosophie.
16:34Da will wohl nicht jemand Menschen ansprechen, die eine bestimmte politische Meinung haben, oder?
16:41Feministische Philosophie, weil das wäre ja DSGVO-mäßig eher so...
16:47Nicht so erlaubt.
16:49Das Target feministische Philosophie benutzen aber trotzdem drei grüne Kreisverbände,
16:53ein grüner Bundestagsabgeordneter, zwei von der SPD, eine Direktkandidatin von den Linken oder Volt zum Beispiel.
16:59Volt haben uns zur Erklärung gesagt.
17:01Unsere Vorgehensweise wurde vorab rechtlich geprüft und als DSGVO-konform eingestuft.
17:06Ja, mal ganz ehrlich, mal ganz kurz, Volt.
17:08Unsere Sendungen hier, das ZDF Magazin Royale, die werden auch immer vorab juristisch geprüft.
17:11Und trotzdem kriegen wir juristisch ganz schön oft auf die Schnauze.
17:14Aber ey, okay, Volt.
17:16Und auch die anderen haben uns sowas gesagt wie, ja wieso?
17:18Die C-Gruppe feministische Philosophie zu targeten, das ist doch kein Problem.
17:22Aber, ob das alles am Ende wirklich erlaubt war oder nicht, das entscheiden nicht wir.
17:26Das entscheiden auch nicht die Parteien, sondern die Berliner Datenschutzbehörde.
17:29Irgendwann in den nächsten dreieinhalb bis fünfundfünfzig Jahren.
17:32Hoffentlich.
17:33Juristischer Grauburgunder-Bereich.
17:35Aber warum? Was soll dieser ganze Eiertanz?
17:38Warum haben die Parteien in diesem Bundestagswahlkampf im Internet so clever um illegales Microtargeting herumgetänzelt?
17:46Warum machen sie es einfach so plump und doof und mutmaßlich illegal wie beim letzten Bundestagswahlkampf 2021?
17:53Dafür, meine Damen und Herren, und alle dazwischen und außerhalb, gibt es einen witzigen Grund.
17:58Ab dem 19. Januar 2022 werden wir detaillierte Targeting-Optionen entfernen,
18:03die in Bezug stehen auf Gesundheit, Race oder Ethnie, politische Zugehörigkeit, Religion oder sexuelle Orientierung.
18:10Die Parteien sind nicht plötzlich brav geworden und achten den Datenschutz.
18:14Nee, in diesem Bundestagswahlkampf wurden sie gezwungen, sich ein kleines bisschen mehr an Recht und Gesetz zu halten.
18:19Weil Mark Zuckerberg hat das so entschieden. Kuckuck, da ist er ja wieder.
18:25Meta, der Konzern, dem Facebook und Instagram gehören, hat seit 2022 neue Werberichtlinien.
18:31Und als die Parteien im Bundestagswahlkampf 2025, also in diesem Bundestagswahlkampf, Wahlwerbung im Internet machen wollten,
18:39hat Meta, anders als noch 2021 bei der letzten Bundestagswahl gesagt, ah ah.
18:44Die Regeln sind die Regeln, reiß dich zusammen, so einfach ist das, du musst dran halten.
18:48Ja, die Regeln sind die Regeln, du musst dich an die Regeln halten, reiß dich zusammen.
18:53Und auf einmal mussten sich die Parteien eben an die Regels halten, also an die von Meta.
18:58Metas neue Werberichtlinien haben die Parteien gezwungen, sich besser ans Gesetz zu halten.
19:03Und das zeigt das eigentliche Problem, das grundlegende Problem.
19:08Unsere politischen Parteien und unsere Demokratie sind abhängig von Plattformen im Internet, im Guten wie im Schlechten.
19:16Ob unser deutscher Bundestagswahlkampf noch allgemein, gleich und fair abläuft, das entscheiden nicht mehr nur wir.
19:22Da spielen inzwischen auch einfach ein paar Dudes aus dem Silicon Valley mit und ihre undurchsichtigen Algorithmen.
19:28Die Algorithmen von Meta bevorzugen offenbar Inhalte.
19:31Die Grünen bilden das Schlusslicht und bekamen die wenigsten Impressionen für ihr Geld.
19:35Am besten schnitt hingegen die rechtspopulistische AfD ab.
19:38Ihre Werbung war fast sechsmal so kosteneffizient wie die der Grünen.
19:42Für ihre Werbekohle hat die AfD 2021 im Wahlkampf am meisten Reichweite bei Instagram und Facebook bekommen.
19:49Dass bei Meta nicht alle Parteien gleich behandelt werden, das hat man sich irgendwie schon gedacht all die Jahre, das hat man zumindest gefühlt.
19:56Aber ey, spätestens seit Mark Zuckerberg aussieht wie Luis Clambro mit irgendwelchen MMM-Fightern abhängt und seine Plattform in den Dienst von Donald Trump gestellt hat
20:05und aller spätestens nach dieser Sendung, sollte eigentlich allen klar sein, Meta ist keine neutrale Plattform.
20:12Meta macht Politik und mischt politisch mit in unserem deutschen Wahlkampf.
20:17Andere Plattformen auch, zum Beispiel Aix von Elon Musk.
20:20Musk katapultiert die AfD nach vorn. Die AfD gewinnt auf der Plattform Aix enorm an Reichweite.
20:26Die Entwicklung begann mit Musks offener Unterstützung für die Partei. Das wirft die Frage auf, wann Unterstützung zu Manipulation wird.
20:34Ja, man könnte jetzt sagen, ist doch bloß Internet, ist doch scheißegal.
20:36Man könnte aber auch sagen, ey, das ist Wahlmanipulation. Wahlmanipulation aus dem Ausland, gegen unsere Interessen.
20:44Demokratie heißt ja eigentlich, wir entscheiden über uns. Dabei entscheiden aber inzwischen ein paar Tech-Milliardäre in den USA und China, wie wir zu unseren Entscheidungen kommen.
20:55Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus.
20:59Go fuck yourself. Is that clear?
21:03Yes, I would love to go and fuck myself, aber den Geschlechtsverkehrort DSGVO bestimme immer noch ich.
21:11Also, wer von Ihnen hier im Studio Ehrenfeld in Köln-Bickendorf hat nach dieser Sendung Lust bekommen auf Geschlechtsverkehr?
21:18Wer? Na?
21:20Alright.

Recomendada