Der SPD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Fiedler, früher Vorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, befürwortet einen Ausbau des Abschiebegewahrsams. Populistische Forderungen führten aber nicht zu einer Lösung, sondern stärkten die Rechtsextremen. Ein DW-Interview.
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NewsTranskript
00:00Deutschland diskutiert über Abschiebung, über Asylpolitik und die Frage, wie sich
00:06tödliche Angriffe wie der Messerangriff von Aschaffenburg verhindern lassen.
00:10Am Mittwoch hatte ein ausreisepflichtiger Asylbewerber aus Afghanistan ein Kleinkind
00:15und einen Erwachsenen getötet und weitere Menschen verletzt.
00:19Trauer und Wut sind groß und die Debatte um die richtige Migrationspolitik wird jetzt
00:24einen Monat vor der Bundestagswahl noch einmal verschärft.
00:30Sprechen darüber kann ich jetzt mit dem SPD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Fiedler.
00:35Sie sind Mitglied im Innenausschuss des Bundestags, beschäftigen sich hier auch insbesondere
00:40mit den Themen Grenzen und Kriminalität und gerade im Wahlkampf in Ihrem Wahlkreis unterwegs.
00:46Hallo.
00:47Hallo, ich grüße Sie.
00:49Herr Fiedler, welche Lehre ziehen Sie aus dem Messerangriff von Aschaffenburg?
00:57Da muss ich deswegen erst mal durchatmen, weil ja schon so viele Debatten jetzt gerade
01:02öffentlich geführt werden.
01:03Ich tue mich ohnehin so ein bisschen schwer, immer zu früh zu viele Schlussfolgerungen
01:07zu ziehen.
01:08Also deswegen muss ich vorausschicken, nach allem, was wir jetzt wissen, ist es eben so,
01:12dass es ein Fall ist, wieder ein Fall ist, der unter die, so sagt man das fachlich, unter
01:17den Terminus Bedrohungsmanagement bei der Polizei fällt.
01:22Also das heißt, wir haben es hier nicht irgendwie mit klassischen Terroristen zu tun, sondern
01:27mit jemandem, der in sich schon vorher die Gefahr getragen hat, zum Gewalttäter zu werden,
01:33wahrscheinlich aufgrund einer psychischen Erkrankung.
01:35Solche Täter haben wir leider Gottes immer häufiger und haben sie auch in der Vergangenheit
01:39schon häufig gehabt. Deswegen gibt es seit mittlerweile zwei Jahren ein Strategiepapier,
01:43eine Empfehlung einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe der Polizeien, die leider Gottes eben noch
01:48nicht hinreichend umgesetzt worden ist.
01:50So bitter sich das anhört.
01:52Aber das ist mein allererster Befund.
01:55Überlagert wird diese Debatte und das haben Sie gerade ja schon angetextet, allerdings
01:59bei einer reinen Asyldebatte jetzt gerade.
02:02Man muss aber eben sagen, es gibt solche Täter auch aus völlig anderen Herkünften.
02:08Es gibt ganz normale deutsche Täter, es gibt Kinder und Jugendliche, die wir genauso in
02:13den Blick nehmen müssen.
02:14Das Thema Asyl und Ausländerrecht überlagert jetzt gerade eben alles, finde das einigermaßen
02:19bedrückend, weil es nach meiner Einschätzung vorwiegend dem Rechtsextremen hilft, aber
02:23nicht so unbedingt einer Lösung uns näher bringt.
02:27Dann gehen wir mal einen Schritt nach dem anderen durch.
02:30Bevor wir auf den spezifischen Fall der Gewaltbereitschaft Straftäter schafft, in dem
02:37Fall, was Sie als erstes angesprochen haben, schauen, eine ganz einfache andere Wahrheit.
02:42Dieser mutmassige Täter ist Ende 2022 über Bulgarien nach Deutschland eingereist, hat
02:47dann 2023 einen Asylantrag gestellt, soweit das Bayerische Innenministerium, und hätte
02:52nach geltendem EU-Asylrecht nach Bulgarien abgeschoben werden müssen.
02:56Woran scheitert eine solche rechtmäßige Abschiebung dann eigentlich immer noch?
03:04Sie haben jetzt auf der einen Seite den Fall zitiert, da sind ja noch nicht alle Details,
03:07jedenfalls noch nicht mir bekannt geworden, weil es da offensichtlich noch einigen
03:11Aufklärungsbedarf gibt, wer wann wie wen informiert hat und wann welche Entscheidung
03:16getroffen worden ist und haben dann gleichzeitig allerdings so eine allgemeine Frage
03:20gestellt. Die allgemeine Frage ist nicht jetzt erst in der Debatte, sondern ist in den
03:25letzten, ich würde sagen, mindestens zwei Jahren deswegen auch so intensiv diskutiert
03:29worden, weil sich Bund und Länder gemeinsam verständigt haben, hier mehrfach das
03:33Regelwerk zu verändern und anzupassen.
03:36Das ist der eine Teil, das heißt, ein Beispiel zu nennen, die Abschiebehaftmöglichkeiten
03:41sind verlängert worden.
03:43Wir haben die Regeln, wie man Leute auffinden kann,
03:48die abgetaucht sind, verschärft, die Möglichkeiten, in Unterkünften zu durchsuchen,
03:52verschärft. Und das findet sich wieder in durchaus signifikanten Zahlen.
03:57Die Anträge sind im letzten Jahr um 38 Prozent zurückgegangen.
04:01Das sind 111.000 Menschen weniger.
04:04Wir haben 40.000 Leute an den Binnengrenzen zurückgewiesen.
04:08Wir haben über 20 Prozent mehr Leute zurückgeführt.
04:10Das ist der allgemeine Befund.
04:12Und gleichzeitig ist es eben gelungen, erstmals auf europäischer Ebene uns
04:17näher zu bringen, an einer zukünftig hoffentlich effizienteren und effektiveren
04:22Möglichkeiten an den europäischen Außengrenzen schon Regeln einzuziehen.
04:27Nur weil das alles noch nicht richtig geklappt hat, haben wir schon Kontrollen an den
04:31deutschen Binnengrenzen. So ist mein Befund.
04:34Sie merken aber, ich bin bezogen auf den Einzelfall deswegen noch recht zögerlich,
04:38weil ich gestern alle Pressekonferenzen verfolgt habe und auch gemerkt habe, dass
04:41auch der Bayerische Innenminister in Teilen noch Antworten auf Fragen von
04:47Journalisten schuldig bleiben muss.
04:50Das ist nicht der erste tödliche Angriff.
04:52Es gab zuletzt immer wieder Gewalt.
04:54Die, so ist das vorwiegende Gefühl und das wird sicherlich auch von einigen
04:59geschürt, aber es ist eben auch ein Gefühl von Eingewanderten ausging.
05:02Ein schwerer Anschlag mit einem PKW in Magdeburg, ein tödlicher Messerangriff in
05:06Solingen, auch ein Angriff in Mannheim 2024.
05:10Und viele werfen dem Kanzler und ihrer Partei speziell vor, die Menschen in
05:14Deutschland nicht genug zu schützen und er nimmt ihre Regierung nicht genug.
05:21Das wundert mich jetzt deswegen, weil ich Ihnen ja gerade einen wesentlichen Teil
05:26der Antwort gegeben habe, was nicht nur die Regierung, sondern
05:31die Regierung in Zusammenarbeit mit den Vertreterinnen und Vertretern der Länder
05:35schon an Unterschieden im Regelwerk erarbeitet haben.
05:38Das heißt, es hat schon eine mehrfache massive Veränderung des
05:42Asylrechtes, des Aufenthaltsrechts hier in Deutschland gegeben.
05:45Ich würde sagen, so kernige Änderungen hat es in den letzten 20 Jahren ja nicht
05:49gegeben. Also das heißt, Tatenlosigkeit kann man nun wirklich hier nicht
05:53vorwerfen. Und das soll nicht bedeuten, dass wir nicht ein
05:58nach wie vor noch vorhandenes Problem haben.
06:00Das liegt dann nun eben daran, dass schon viele dieser Menschen hier schon bei uns
06:04sind. Und ich kann mich sehr gut daran erinnern, dass ich schon in meiner alten
06:08Funktion noch als Vorsitzender beim Bund Deutscher Kriminalbeamter vielfach
06:12darauf hingewiesen habe, dass wir es bei Zugewanderten eben sehr
06:17oft mit Leuten zu tun haben, die psychische Probleme haben.
06:20Das ist insoweit keine neue Botschaft.
06:22Aber es ist nach meiner Einschätzung zu wenig unternommen worden, um darauf
06:25aufwirksam einzugehen. Und ich muss deswegen noch einmal zurückkommen zu dem, was ich
06:29gerade gesagt habe. Das ist in Reihen der Fachleute keine soweit neue
06:34Erkenntnis, sondern wenn man solche Leute frühzeitig erkennen
06:38will und intervenieren will, dann muss man eben auch außerhalb der
06:42Polizei Regeln einführen, Prozesse einführen, um auch einschreiten
06:47zu können und sie im Zweifel in psychiatrischer Einrichtung unterzubringen,
06:51um sie besser zu überwachen, als das jetzt der Fall gewesen ist.
06:54Also was ich damit sagen will.
06:56Zwei Debatten stehen nebeneinander.
06:58Die allgemeinen Änderungen, die es schon gegeben hat im Aufenthaltsrecht,
07:03Asylrecht, im Ausländerrecht, die man sicherlich noch immer weiter verschärfen
07:07kann. Da können wir gerne darüber diskutieren.
07:10Dann muss man das aber eben auch so machen, was man den Leuten sagt.
07:13Wir unternehmen alles, was auch wirklich wirkt.
07:16Wir sind uns der Gefahren bewusst und wir reden dadurch nichts klein.
07:19Das würde ich nicht tun.
07:21Ich möchte nur eine Grenze eben ziehen.
07:23Und die Grenze ist an der Stelle, wenn jetzt Forderungen im politischen Raum
07:26unterwegs sind, die so jenseits des geltenden Rechts oder der
07:31Rechtsstaatlichkeit sind, dann bin ich eben der Auffassung, dann dient das dazu,
07:35dass man sich wirklich wie wild jetzt populistisch
07:39streitet. Und das darf eben nicht passieren, weil das die rechtsextremen Ränder
07:43stärkt. Und das machen wir hoffentlich alle.
07:45Damit meinen Sie jetzt ganz konkret, wenn ich Sie richtig verstehe, den Vorschlag
07:49des Unionskanzlerkandidaten zum Beispiel ein faktisches Einreiseverbot
07:54zu verhängen, dauerhafte Kontrollen der Staatsgrenzen, Zurückweisung aller Personen,
07:59die keine Einreise-Dokumente dabei haben, auch wenn es sich um Personen mit
08:03Schutzanspruch handelt? Oder was meinen Sie genau?
08:06Die Grenze, wo Sie sagen, da gehe ich jetzt nicht mehr mit.
08:09Greifen wir dieses eine Beispiel doch heraus.
08:11Also zum einen ist es ja so, dass wir schon Binnengrenzkontrollen haben.
08:15Da gab es ja viel Kritik für.
08:16Aber im Ergebnis ist es ja so, dass die Bundespolizei hier sehr gute Arbeit geleistet
08:20hat und es sehr viele Ergebnisse gegeben hat, die unter anderem
08:24dazu geführt haben, dass wir weniger Anträge haben.
08:27Und dass es schon 40.000 Zurückweisungen an den Grenzen gegeben hat, jetzt durch die
08:31gute Arbeit der Bundespolizei.
08:33Wenn man darüber hinausgehen will und sozusagen auch unbefristete Grenzkontrollen
08:38machen will, dann widerspricht das dem geltenden europäischen Recht.
08:42Wir haben einen Schengener Grenzkodex und ich bin der Auffassung, wir haben uns an,
08:47auch europäisches und gerade europäisches Recht zu halten und eine Ankündigung
08:51sozusagen das sehenden Auges zu brechen.
08:54Das halte ich echt für ein Problem.
08:56Dafür, für solche Dinge würde ich nicht zur Verfügung stehen.
08:58Ich habe als Polizist mal einen Eid auf die Verfassung geschworen.
09:01Und wenn man jetzt ein Kanzlerkandidat sagt, er möchte ganz gern das europäische Recht
09:05brechen, dann habe ich nicht nur Fragezeichen im Kopf.
09:08Das kann ich nicht nachvollziehen.
09:11Und wie sieht es mit dem Punkt aus, dass man auch ein Abschiebegewahrsam ausbauen
09:15sollte? Das ist eine weitere Forderung der Union.
09:19Ja, das ist, dagegen kann man nichts haben.
09:22Also ich finde, fachlich kann man schon allein dagegen nichts haben.
09:25Wir haben ja schon das Abschiebegewahrsam verlängert auf 28 Tage.
09:29Und wenn Sie jemanden in Abschiebegewahrsam nehmen wollen, ist eine der
09:32Grundbedingungen, dass Sie in dem Moment, wenn Sie zur Richterin und zum Richter
09:35gehen, einen Platz vorweisen müssen.
09:38Und wenn da zu wenige sind und das scheint offenbar der Fall zu sein, dann kann man
09:42das nur gut finden, dass man da die Plätze ausbaut.
09:45Das ist ein relativ nüchterner Befund, gegen den man so sachlich nicht viel
09:49einzuwenden hat. Das würde ich jetzt auch nicht unter einer Verschärfung oder so
09:53abrufen wollen, sondern unter einer praxistauglichen Lösung.
09:57Und muss die Polizei, das können Sie auch besonders gut beurteilen, weil Sie
10:01Kriminalbeamter waren, das haben Sie auch schon erwähnt, das Recht bekommen,
10:05Haftbefehle selbst zu beantragen?
10:09Das ist ein wahnsinnig abenteuerlicher Vorschlag, das muss ich sagen.
10:12Es gibt keine einzige Polizeibehörde und Sie wissen zuallererst, das sind die
10:16Länderpolizeien hier in der Verantwortung, die Sicherheit herzustellen.
10:20Es gibt keine einzige Polizei, die in der Lage ist und das ist auch
10:25strafprozessual so richtigerweise nicht vorgesehen, Haftbefehle zu beantragen.
10:30Das tut die Staatsanwaltschaft bei uns im Rechtssystem.
10:32Das ist ein Vorschlag für einen kompletten Bruch im Rechtssystem, im
10:37strafprozessualen Rechtssystem, der hier vorgeschlagen wird, dessen sittlicher
10:40Nährwert mir im Prinzip auch nicht wirklich eingängig ist, weil es an dieser
10:45Stelle des Rechtsstaates nach meiner Bewertung erstens überhaupt gar keine
10:49Probleme gibt, weil die Staatsanwaltschaft beantragt ja in den
10:53Fällen, wo das sinnvoll und erforderlich ist, ja auch Haftbefehle.
10:56Warum das jetzt auf eine Polizeibehörde verlagert werden soll und dann auch nur
10:59auf eine, das erklärt sich mir nicht im Ansatz.
11:04Was würden Sie denn sagen, was braucht die Polizei, um ihre Arbeit noch besser
11:08machen zu können? Wo sind da Veränderungen nötig?
11:12An vielen unterschiedlichen Stellen. Zum einen ist es so, dass die gesamte
11:16Strafjustiz und dazu muss man die Polizei auch einrechnen, derzeit
11:20abseuft. Das kann man nicht anders ausdrücken.
11:24Und deswegen brauchen wir eine Veränderung im Strafprozessrecht.
11:28Der Strafprozess muss effektiver und effizienter werden.
11:32Dafür gibt es viele sinnvolle und zielführende Vorschläge, für die ich
11:35mich engagiere. Und auf der anderen Seite braucht es selbstverständlich auch
11:40Personal. Und das betrifft vor allem die Strafjustiz der Länder.
11:44Und es betrifft die Polizeien der Länder auf Bundesebene.
11:48Das sage ich jetzt nicht, weil wir als Bundestag dafür zuständig sind, sondern
11:51das sind die objektiven Zahlen, ist schon sehr, sehr viel getan worden.
11:55Das Bundeskriminalamt ist erheblich aufgewachsen.
11:57Die Bundespolizei ist erheblich aufgewachsen und beide von mir genannten
12:02Polizeibehörden unterstützen tatkräftig die Arbeit der Länder.
12:05Die Bundespolizei unterstützt die Schutzpolizei der Länder regelmäßig.
12:09Das Bundeskriminalamt übernimmt viele Zentralstellenaufgaben und unterstützt
12:13die Länder an vielen Stellen. Das ist schon der Fall.
12:15Aber wenn Sie mich nach den wirksamsten und wichtigsten Maßnahmen treffen,
12:20um hier unseren Rechtsstaat schlagkräftiger zu machen, dann sind es diese
12:23beiden Vorschläge, die ich Ihnen gerade genannt habe.
12:26Dann schauen wir noch mal auf das, was Sie zu Beginn auch gesagt hatten, dass es
12:29sich hier mutmaßlich um einen psychisch kranken Angreifer gehandelt hat
12:33im Fall von Aschaffenburg und dass da zwar Regularien
12:37und Veränderungen auf dem Weg sind, aber dass die noch nicht greifen.
12:40Bisher ist es ja so, dass nur das Bundesland Nordrhein-Westfalen, in dem
12:43Sie gerade Wahlkampf machen, das von CDU und Grünen regiert wird,
12:47im Moment ein Präventionsprogramm hat für solche psychisch
12:51kranken mutmaßlichen Straftäter.
12:53Ist das ein Modell, was ausgeweitet werden müsste?
12:58Sie sprechen an auf das Programm Periskop.
13:01Das ist ein wirklich sehr sinnvolles, gutes und zielführendes Programm.
13:05Da hakt es noch an vielen Stellen, weil wir in Nordrhein-Westfalen eine sehr
13:09zerklüftete Aufbauorganisation haben.
13:11Wir haben hier 50 Polizeibehörden unterschiedlicher Größe und hier muss
13:15im Bereich der Qualifikation jetzt noch einiges nachgelegt werden, damit auch
13:19solche Hinweise entsprechend verarbeitet werden können.
13:22Und sie müssen sich vergegenwärtigen.
13:24Das muss man jetzt vielleicht noch dazu erzählen.
13:25Eine gute Freundin von mir leitet das Amok Präventionsnetzwerk der Universität
13:30Wiesn, das Frau Prof. Dr.
13:31Bannenberg, die kriegt jeden Tag Hinweise, und zwar ernstzunehmende
13:36Hinweise auf Personen, die entweder sich radikalisiert haben,
13:40möglicherweise einen Anschlag planen oder eine Amok-Tat planen.
13:43Und es gelingt Gott sei Dank in vielen, vielen Fällen, auch solche Taten zu
13:46verhindern. Man muss auch diese positiven Botschaften an der Stelle durchaus mal
13:50erwähnen dürfen. Aber, und das gehört mit dazu, sie würde Ihnen berichten,
13:55dass eben in vielen Bundesländern diese Strukturen, die dafür erforderlich sind,
13:58um solche Taten zu verhindern, noch nicht wirklich sinnvoll aufgestellt sind und
14:01noch nicht gut funktionieren.
14:03Und da muss man den Finger in die Wunde legen.
14:05Und das ist genau das Papier, was schon seit zwei Jahren im Prinzip auf dem Tisch
14:09liegt, um solche Strukturen zu verbessern.
14:12Das bedeutet im Prinzip, wenn irgendwo erkannt wird im sozialen Umfeld,
14:16bei Kindern und Jugendlichen, teilweise gibt es auch Situationen aus der Schule
14:19heraus, bei irgendeiner Behörde oder so, und es gibt einen solchen niederschwelligen
14:23Hinweis außerhalb der Polizeibehörden, man nennt das Netzwerkpartner,
14:27dann müssen auch die Sicherheitsbehörden in der Lage sein, damit adäquat umzugehen,
14:31das also gut zu bewerten. Und die Maßnahmen, die dann erforderlich sind,
14:36um die Gefahren abzuwehren, Opfer zu verhindern, die müssen in die Lage
14:40versetzt werden, auch tatsächlich so zu arbeiten.
14:42Und diese Arbeitsstrukturen sind noch nicht in allen Bundesländern so vorhanden,
14:45wie man sich das wünschen müsste.
14:48Zum Schluss würde ich Sie noch um eins bitten.
14:50Wir haben im Grundgesetz verankert, die Verpflichtung, humanitär
14:55bedürftigen Menschen entgegenzukommen, besonders politisch Verfolgten.
14:59Wo ziehen Sie für sich die Balance?
15:01Dieses Moment und gleichzeitig die Sorge vieler Menschen in Deutschland,
15:07dass wir uns nicht genug schützen?
15:10Was würden Sie jetzt sagen in einem Satz?
15:12Wofür stehen Sie? Denn es bleibt Ihnen ja nicht mehr viel Zeit,
15:15auch um Wählerinnen und Wähler zu überzeugen.
15:19Da muss ich gar keine Abwägung vornehmen, weil das eine darf man nicht gegen das
15:23andere ausspielen. Zum einen ist es so, und das ist eine ganz einfache Situation,
15:27die verschafft uns schon mehr Sicherheit.
15:29Es muss gelten, dass wir wissen, wer zu uns kommt.
15:33Und das ist schon in vielen Fällen in der Vergangenheit nicht der Fall gewesen,
15:35weil die europäischen Außengrenzen leider löchrig sind.
15:39Deswegen machen wir jetzt diese Binnengrenzkontrollen,
15:41um hier diese Lücken zu schließen.
15:43Das bringt uns schon einen Riesenschritt nach vorne.
15:46Und der zweite Teil ist der, dass wir natürlich keine Missverständnisse
15:51hier aufkommen lassen dürfen.
15:52Es gibt keine Toleranz gegenüber Straftätern, gegenüber Gewalttaten
15:57oder Ähnlichem. An dieser Stelle hören doch diese Fragen auf.
16:01Das hat doch an dieser Stelle nichts damit zu tun, ob wir Humanität walten lassen
16:06gegenüber Geflüchteten, die aus der Not heraus zu uns kommen.
16:09Denken Sie an die vielen Ukrainerinnen und Ukrainer beispielsweise.
16:12Das hat doch mit dieser Debatte gar nichts zu tun, sondern es gilt, was immer gilt.
16:16Straftäter verlieren natürlich ihren Schutzstatus.
16:20Auf der einen Seite müssen dann wieder Auslandes gebracht werden.
16:23Und wir müssen auf der anderen Seite eben wissen, wer zu uns kommt.
16:27Und das sind aus meiner Sicht völlig normale rechtsstaatliche Regeln und Grundsätze.
16:31Und da dürfen wir sozusagen keine populistischen Überschriften
16:35oder rechtsextremen Botschaften zulassen, sondern müssen erläutern,
16:38dass wir den Rechtsstaat wirksam aufstellen und die Leute so gut,
16:42wie es uns irgendwie möglich ist, eben schützen.
16:45Und deswegen trete ich immer dafür ein, für Maßnahmen,
16:48die wirklich auch Wirkung entfalten.
16:50Was in diesen Tagen mir sehr, sehr schwerfällt, ist,
16:53gegen Botschaften anzukommen, die sehr einfach und klar
16:57und in schwarz und weiß sortiert daherkommen.
16:59Und damit meine ich nicht Friedrich Merz, sondern ich meine rechtsextreme Botschaften,
17:04die wir jetzt in diesen Tagen auch wahrnehmen müssen.
17:06Denn die Erkenntnis lautet eben, dass dieses Geschrei von ganz rechts außen
17:11eben uns keiner einzigen Lösung näher bringt, sondern auf dem Boden des Rechtsstaates
17:15die Sicherheit unmissverständlich so gut wie möglich organisieren.
17:19Das ist das, wofür ich stehe.
17:21Das sagt der SPD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Vieler.
17:24Ich danke Ihnen herzlich für Ihre Zeit und für Ihre Position.
17:27Danke Ihnen herzlich.